Auch wenn die Zeit der großen Reformen vorbei ist und die grüne Mark immer blauer wird, funktioniert die große Koalition im Landtag weitaus besser als jene im Bund. Eine Analyse.
Graz. Es war keine Sternstunde der rot-schwarzen Koalition, als sie Mitte Dezember das von ihr geschnürte Budget im Landtag beschloss. Die Ausgaben werden steigen, die Schulden des Landes (fast fünf Milliarden Euro) in die Höhe gehen. Und doch ist in Graz ein zentraler Punkt anders als bei der Bundesregierung in Wien: Rot und Schwarz arbeiten gut zusammen, und sie halten auch zusammen.
Heißt das Match im Bund nur zu oft SPÖ gegen ÖVP, so duellieren sich in der Steiermark primär Regierung und Opposition. Das hat den Vorteil, dass die Landesregierung stärker durch Arbeit in Erinnerung bleibt, aber den Nachteil, dass sich die beiden Parteien weniger in Szene setzen können. Ein Problem könnte das vor allem noch für SPÖ-Chef Michael Schickhofer werden. Während Hermann Schützenhöfer in der Rolle als ÖVP-Landesvater reüssieren kann, obwohl die SPÖ eigentlich die stärkste Partei ist und über ein Mandat mehr im Landtag verfügt, wurde Schickhofer nur Vizelandeshauptmann. Eine Hinterlassenschaft des früheren Landeschefs Franz Voves, der nach der Landtagswahl 2015 den Sessel des Regierungschefs seinem langjährigen ÖVP-Partner Schützenhöfer überantwortete. Wobei Schickhofer sich zuletzt als Finanzlandesrat und Chefverhandler der Länder beim Finanzausgleich profilieren konnte, indem er ÖVP-Finanzminister Hans Jörg Schelling („mehr Kapitalist als Reformer“), verbal angriff.
Das neue, generationenübergreifende Duo an der Landesspitze, Schützenhöfer (64) und Schickhofer (37), regiert zwar ohne große Misstöne zusammen. Es ist aber nicht mehr dieses enge Verhältnis, dass die fast gleichaltrigen Voves und Schützenhöfer miteinander pflegten. Und es gibt eben auch nicht mehr die großen Reformen wie damals, als Bezirke und Gemeinden im Land zusammengelegt wurden. Was freilich von den Wählern ohnedies nicht honoriert wurde. SPÖ und ÖVP hatten bei der Landtagswahl 2015 beide hohe Verluste eingefahren, während die FPÖ unter dem nunmehrigen Klubobmann Mario Kunasek prozentuell fast auf die Koalitionsparteien aufschloss.
Grüne Mark immer blauer
Auch der damalige Beginn der Flüchtlingskrise dürfte der FPÖ bei der Wahl entgegengekommen sein. So wie das Migrationsthema in dem Land, in das von der Südgrenze kommend Asylwerber nach Österreich strömten, ein dauerndes blieb. Wobei der blaue Aufstieg in der Steiermark schon vor der Flüchtlingskrise begonnen hatte: Bereits bei der Nationalratswahl 2013 waren die Blauen die Stärksten in der grünen Mark. Und die Steiermark hielt auch bei der Bundespräsidentschaftswahl im Dezember mehrheitlich Norbert Hofer die Treue, während bundesweit Alexander Van der Bellen triumphierte. Gerade in den Industriegegenden der Obersteiermark hat die FPÖ die SPÖ als Arbeiterpartei abgelöst.
Neben der FPÖ sitzen im Landtag auch noch die Grünen rund um Lambert Schönleitner, der zuletzt das „riesige Budgetloch“ geißelte und der rot-schwarzen Koalition den Gestaltungswillen absprach. Zudem sitzen als steirische Besonderheit die Kommunisten unter Klubobfrau Claudia Klimt-Weithaler im Landtag. Sie werfen der Regierung vor, sich zu wenig um soziale Fragen zu kümmern.
Die Koalition hat erklärt, dass 2020 wieder ein ausgeglichenes Budget möglich werden soll, nun aber Investitionen in den Standort nötig seien. Ein wichtiges Thema 2017 wird die Spitalsreform sein, zudem will man jungen Steirern ohne Schulausbildung helfen, zu einem Abschluss zu kommen. Außerdem möchte die Koalition Ortskerne sanieren, um so günstig Wohnraum zu gewinnen. Und das Modell „Wohnunterstützung“ neu, das die bisherige Wohnbeihilfe ersetzt, soll für höhere soziale Treffsicherheit sorgen. So können diese nun auch Mindestpensionisten erhalten, umgekehrt werden empfangene Unterhaltszahlungen zum Einkommen dazu gezählt, sodass manche weniger bekommen. Auch ein eigener Kautionsfonds soll dafür sorgen, dass Bedürftigen die Miete einer Wohnung möglich wird.
Tritt Schützenhöfer 2020 an?
Gemunkelt wird immer wieder über die Frage, ob Landeshauptmann Schützenhöfer bei der nächsten Landtagswahl (planmäßig 2020) altersbedingt noch einmal antreten wird. Als mögliche Nachfolger gelten etwa der Grazer Bürgermeister Siegfried Nagl oder Gesundheitslandesrat Christopher Drexler. Andererseits ist Schützenhöfer, wenn man sein Geburtsdatum (29. Februar 1952) genau nimmt, noch in einem jugendlichen Alter: Er hatte 2016 erst seinen 16. Geburtstag.
SERIE
Die Steiermark ist der vierte Teil des politischen „Presse“-Streifzugs durch die Bundesländer. Bisher erschienen: Rot-grünes Wien (28. 12.), Rot-grün-schwarzes Kärnten (29. 12.) und Schwarzes Niederösterreich (30. 12.).
("Die Presse", Print-Ausgabe, 02.01.2017)