Tourismus: "Personalmangel nicht kleinreden"

Die Presse (Clemens Fabry)
  • Drucken

Eine AMS-Auswertung zeigt, dass es in Österreich deutlich mehr arbeitssuchende Köche und Kellner als ausgeschriebene Jobs gibt. Warum Touristiker trotzdem einen akuten Personalmangel sehen.

Erst kürzlich sorgte die Entscheidung des Sozialministeriums, Köche und Kellner nicht in die Liste der Mangelberufe aufzunehmen, für einen Aufschrei in der Tourismusbranche. Die AMS-Auswertung für den "Standard" ergab nun, dass es österreichweit deutlich mehr arbeitssuchende Kellner und Köche als offene Stellen gibt. Zudem wird ein Großteil der Jobs innerhalb weniger Wochen vergeben.

Im November 2016 wurden via Arbeitsmarktservice (AMS) 1.369 Kellner sowie 1.393 Köche in Österreich gesucht. Ihnen standen 5.806 arbeitssuchende Kellner und 2.985 Köche gegenüber. Bei den Kellnern konnten zwischen Jänner und November 2016 66,2 Prozent aller 23.252 gemeldeten Jobs binnen 30 Tagen besetzt werden, für weitere 30,1 Prozent fand sich spätestens nach drei Monaten jemand. Lediglich 3,7 Prozent der Stellen blieben länger als 90 Tage unbesetzt, heißt es in dem Bericht. Ähnlich verhält es sich bei den Köchen. Dort wurden 95,3 Prozent aller beim AMS gemeldeten Stellen binnen drei Monaten besetzt, nur in 4,7 Prozent der Fälle mussten die Firmen länger als 90 Tage suchen.

"Arbeiten vielfach im Saisonbetrieb"

Tourismus-Obfrau Petra Nocker-Schwarzenbacher will eine Spezialauswertung nicht unkommentiert stehen lassen. "Die traurige Tatsache, dass in unserer Branche akuter Personalmangel herrscht, lässt sich nicht kleinreden", so die Branchenvertreterin am Montag in einer Aussendung.

Verkürzte Betrachtungsweisen führten schnell zu Falschinterpretationen. "Wir arbeiten vielfach im Saisonbetrieb. Daher ist der Eins-zu-eins-Vergleich mit Ganzjahresbetrieben bei der Personalsuche unzulässig", findet Nocker-Schwarzenbacher.

Die Besetzung von 30 Prozent der ausgeschriebenen Stellen dauere bis zu drei Monate. "Was das für einen Saisonbetrieb bedeutet, ein Vierteljahr ohne Fachkraft dazustehen, kann sich jeder ausrechnen", so Nocker-Schwarzenbacher. Viele Betriebe würden auch über private Jobportale nach Fachkräften suchen. Per Stichtag 2. Jänner seien bei www.hotelcareer.at 1.627 offene Stellen im Tourismus gemeldet gewesen, davon 557 Köche und 454 im Service. "Jene Stellen, die ausschließlich auf diesem Wege angeboten werden, scheinen in der AMS-Datenbank meist gar nicht auf", meinte die Obfrau.

Kopf: Bezahlung auch ein Thema

AMS-Chef Johannes Kopf sieht auch die Bezahlung im Tourismus als ein Thema. "Natürlich, wenn sich Arbeitsbedingungen verändern, dann gibt es auch mehr Interesse", sagte Kopf im "Ö1-Mittagsjournal". Aber es sei nicht nur eine Frage des Lohns, sondern auch der Arbeitszeiten. Der Tourismus habe Bedarf am Wochenende, am Abend. Menschen würden aber eher unter tags arbeiten wollen, jedenfalls dann, wenn sie Familie haben. "Es wird immer schwierig sein in dieser Branche und für diese Branche. Die Branche kann sicher einiges auch anders tun. Auf der anderen Seite brauchen wir aber auch mehr Flexibilität der Arbeitssuchenden in Ostösterreich", so Kopf

(APA)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

Österreich

Gewerkschaft kontert: Überzahlungen in Gastronomie sind Ausnahme

Er kenne niemanden, der nur den Kollektivlohn erhält, sagt Hotelier Sepp Schellhorn. "Das ist an Arroganz nicht zu überbieten", kritisiert die Gewerkschaft.
THEMENBILD: KOCH / KUeCHE
Österreich

Verzweifelte Personalsuche: Allein im Pinzgau fehlen 300 Köche

Vielen offenen Stellen stehen kaum Bewerber gegenüber. Für Sepp Schellhorn liegen die Ursachen in der Freizeitgesellschaft und dem mangelnden Interesse für die Dienstleistung.
Österreich

Wirtin: "200 Bewerbungsgespräche, aber keines erfolgreich“

Der Personalmangel in der Gastronomie führt dazu, dass Wirte ihr Lokal nicht aufsperren. Zahlreiche Bewerber kommen zu Vorstellungsgesprächen, sagen dann aber ab.
Österreich

Spar: "Mitarbeiter zu finden war eine Herausforderung"

Der Handelsriese investierte 40 Millionen Euro in den Umbau ehemaliger Zielpunkt-Märkte. Die größte Herausforderung stellte jedoch die Rekrutierung neuer Mitarbeiter dar.
Ein Koch des Teams der Junior Nationalmannschaft der Schweiz waehrend der Internationalen Kochkunsta
Österreich

"Tourismus darf sich nicht wundern, wenn Mitarbeiter davonlaufen"

Die Tourismusbranche soll die Probleme nicht weiter leugnen. Die Gewerkschafter kritisieren vor allem die fehlende Dienstplansicherheit.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.