Künftiger US-Außenminister will US-Führungsrolle weiter behaupten

Tillerson hat als Ölindustrieller Kontakte nach Moskau.
Tillerson hat als Ölindustrieller Kontakte nach Moskau.APA/AFP/SAUL LOEB
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Tillerson widersprach Trump bei seiner Anhörung im US-Senat in vielen Punkten. Er kritisierte Russland und will die USA weiter beim Klimawandel mitreden lassen.

Donald Trump sorgte im Wahlkampf mit seinen außenpolitischen Kampfansagen für Beunruhigung in der internationalen Staatengemeinschaft. Doch dürfte der künftige US-Präsident von seinem Außenminister einiges mehr an Gegenwind zu spüren bekommen, als erwartet. Bei seiner Anhörung im US-Senat widersprach Rex Tillerson vielen Ansichten Trumps.

So zeigte sich der 64-Jährige betont kritischer gegenüber Russland. Dabei pflegt der Ölindustrielle selbst enge Beziehungen zu Putin und anderen autoritären Führungspersönlichkeiten. Moskau bemühe sich zwar international um "Respekt und Bedeutung", habe zuletzt aber "amerikanische Interessen missachtet", sagte der bisherige Chef des Energiekonzerns ExxonMobil vor dem außenpolitischen Senats-Ausschuss. Auch die NATO-Verbündeten der USA hätten wegen Russland "Grund zur Beunruhigung". Offen blieb aber, welche Haltung er in der Frage von Strafmaßnahmen gegen Russland einnimmt - bislang lehnte er die Russland-Sanktionen ab.

Tillerson bekannte sich klar zu den Bündnisverpflichtungen innerhalb der NATO. Die in Artikel 5 des NATO-Vertrags vereinbarte gegenseitige Beistandspflicht im Angriffsfall sei "unantastbar". Äußerungen Trumps im Wahlkampf hatten diesbezüglich besonders in den baltischen und osteuropäischen Staaten große Sorgen ausgelöst. Vor einem Eingreifen zugunsten der baltischen Staaten würde er zunächst prüfen, ob diese "ihre Verpflichtungen uns gegenüber erfüllt haben", zitierte ihn die "New York Times" im vergangenen Sommer.

Harte Gangart gegen China

Der milliardenschwere Unternehmer kündigte zugleich an, dass unter seiner Regie die Außenpolitik robuster ausfallen werde als unter Trumps Vorgänger Barack Obama. Die Führungsrolle der USA müsse zugunsten der Stabilität im 21. Jahrhundert "nicht nur erneuert, sondern behauptet" werden.

Zu spüren bekommen dürfte das vor allem China: Die Errichtung künstlicher Inseln im Südchinesischen Meer und die Stationierung militärischer Posten darauf sei vergleichbar mit der Annexion der Krim-Halbinsel durch Russland, sagte Tillerson. Er kündigte eine harte Haltung der neuen Regierung gegen chinesisches Vormachtstreben an. "Wie werden China eine klare Botschaft übermitteln müssen, dass erstens der Bau der Inseln aufhört und dass zweitens euer Zugang zu diesen Inseln nicht erlaubt wird", sagte er. Die Volksrepublik verfolge ihre "eigenen Ziele" und habe auch die Atommacht Nordkorea nicht ausreichend im Zaum gehalten, fügte Tillerson hinzu.

Keine politische Erfahrung

Trump hatte Tillerson Mitte Dezember als Außenminister nominiert. Der Ölindustrielle verfügt über keinerlei politische Erfahrun. Der US-Senat muss Trumps Kabinettskandidaten noch bestätigen. Die Anhörungen der Kandidaten hatten am Dienstag mit dem besonders umstrittenen designierten Justizminister, dem erzkonservativen Senator Jeff Sessions, begonnen.

Viele von Trumps Nominierungen sind umstritten. Dennoch dürfte ihre notwendige Bestätigung durch den Senat überwiegend problemlos verlaufen, da Trumps Republikanische Partei dort die Mehrheit hat. Der neue Präsident wird am Freitag kommender Woche vereidigt.

Der demokratische Senator Ben Cardin wies Tillerson darauf hin, dass das Management einer Ölfirma sich grundlegend davon unterscheide, weltweit die Interessen der USA zu sichern. Cardins republikanischer Kollege Marco Rubio fragte den Außenministerkandidaten, ob er den russischen Präsidenten Putin für einen "Kriegsverbrecher" halte. "Ich würde diesen Begriff nicht verwenden", war Tillersons Antwort. Der Senat muss Tillersons Nominierung für den Außenamtsposten zustimmen.

"Kein Land kann Klimawandel alleine lösen"

Noch in einem weiteren Punkt deutete Tillerson eine andere Haltung als Trump an: Er will die USA weiter beim Thema Klimawandel mitreden lassen. Trump hatte im Wahlkampf angekündigt, das Pariser Klimaschutzabkommen aufzukündigen. "Ich denke, es ist wichtig, dass die USA ihren Platz am Tisch behalten bei den Gesprächen über die Bedrohungen des Klimawandels, die eine weltweite Antwort erfordern", sagte Tillerson bei der Anhörung im Auswärtigen Ausschuss des Senats. "Kein Land kann das alleine lösen."

Allerdings sagte Tillerson auch, dass die wissenschaftliche Forschung zum Klimawandel noch "nicht abgeschlossen" sei. Die USA müssten am Verhandlungstisch bleiben, um das Engagement der anderen Staaten "beurteilen zu können und unseren eigenen Kurs entsprechend anpassen zu können".

Der künftige US-Präsident habe ihn eingeladen, seine Haltung darzulegen, sagte Tillerson. Er freue sich darauf, dem nachzukommen und Politikvorschläge zu unterbreiten. Trump, der den Klimawandel einmal als "Scherz" bezeichnet hatte, hatte nach seinem Wahlsieg gesagt, er stehe dem Thema "offen" gegenüber. Ob er das Pariser Klimaschutzabkommen tatsächlich aufkündigen wird, ist daher unklar.

Das Ende 2015 von 195 Staaten unterzeichnete Pariser Klimaschutzabkommen ist das erste umfassende und rechtlich bindende weltweite Abkommen, das konkrete Maßnahmen zum Kampf gegen die Erderwärmung enthält. Anlässlich des Inkrafttretens des Vertrags im November hatte der damals noch von Tillerson geführte Konzern ExxonMobil von einem "wichtigen Schritt" im Kampf gegen die "großen Risiken des Klimawandels" gesprochen.

(APA/Reuters/AFP)

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