Stadtrat Eustacchio fordert einen "Österreicher-Bonus im sozialen Wohnbau" und das Wohnressort für die FPÖ. Genau daran hält aber die KPÖ fest. Die SPÖ will nicht als "Anhängsel" dastehen, die Grünen Schwarz-Blau verhindern.
Nach dem Endergebnis der Grazer Gemeinderatswahl haben am Dienstag die Gespräche innerhalb der Parteien über die eher bescheidenen Koalitionsvarianten begonnen. Bürgermeister und Wahlsieger Siegfried Nagl (ÖVP) hatte ja angekündigt, zunächst mit SPÖ und Grünen sprechen zu wollen, schloss aber auch Schwarz-Blau nicht aus - lediglich eine Zusammenarbeit mit der KPÖ lehnte er ab, da mal "wohl nicht zusammenkommen" werde. Letztere, also die FPÖ von Parteichef Mario Eustacchio, stellte bereits Bedingungen für ihr "Ja" zu einer gemeinsamen Stadtregierung.
Eustacchio, zuletzt zuständiger Stadtrat für Verkehr, brachte sich am Dienstag als Koalitionspartner für Bürgermeister Siegfried Nagl (ÖVP) ins Spiel, stellte aber fixe Forderungen: "Der Österreicher-Bonus im sozialen Wohnbau ist für uns Pflicht." Außerdem will er für die Freiheitlichen das Wohnressort. Dieses ist aber seit Jahren fest in der Hand der KPÖ. Eustacchio störe es aber, dass die Kommunisten "so tun, als ob sie selbst die Wohnungen gebaut haben". Abgesehen von diesen "fixen Forderungen" müsse sich die FPÖ in einer Übereinkunft wiederfinden: "Wir können nicht von unseren Positionen abgehen. Es muss eine freiheitliche Handschrift geben", betonte der Stadtrat.
Bei anderen Themen, meinte Eustacchio, könne man sich mit der ÖVP leichter einigen. Termine für Verhandlungsgespräche stünden noch nicht fest. Erst am Donnerstag werde sich das blaue Wahlkampfteam zur Analyse treffen. Eine mögliche Dreier-Variante von ÖVP, Grünen und SPÖ hält Eustacchio für schwierig, wegen der "unterschiedlichen ideologischen Einstellungen". Medienberichte, wonach der blaue Spitzenmann - der angeblich mit Nagl (auch dieser hatte am Montag gemeint, dass es zwischen ÖVP und FPÖ eine "Riesenkluft in vielen Bereichen" gebe) nicht gut kann - von einem Neuen abgelöst wird, wischte Eustacchio vom Tisch: "Das ist Schwachsinn." Sein Amt stehe in keiner Weise zur Disposition.
Die blaue Forderung nach dem Wohnressort bezeichnete Elke Kahr (KPÖ) Dienstagnachmittag als "kühn": "Wir haben es 18 Jahre gut geführt, ohne Skandale, und die Leute haben uns bei der Wahl bestätigt", betonte sie und fügte hinzu, dass auch sie mit der ÖVP bereits einen Gesprächstermin habe. Dass Bürgermeister Nagl sich zuletzt eher negativ hinsichtlich einer Koalition mit den Kommunisten geäußert hatte, beeindruckte Kahr nicht: "Das war auch nach 2012 so." Man habe sich schon vor der Wahl viele Gedanken gemacht und sei der Meinung, dass "eine gute Basis möglich" ist. Die Gegen-Forderung von Kahr war am Dienstag aber, dass die KPÖ das Wohnressort behält: "Es wäre vermessen, auch vom Bürgermeister, weil er teilt die Ressorts zu, wenn er das Ressort der FPÖ gibt."
"Politisch schlimmste Tage" für SPÖ-Chef Ehmann
SPÖ-Chef Michael Ehmann, der sich am Dienstag noch nicht vom Schock des Wahlausgangs erholt hatte, sprach von den "politisch schlimmsten Tagen" seines Lebens. Lichtblick sei aber der Zuspruch, den er vor allem innerhalb der Partei erfahren habe: "Ich bekam ziemlich freie Hand, beim Neu-Aufstellen der Partei. Das gab es bisher noch nie." Bitter sei, dass es sich nur wegen 155 Stimmen nicht für den Stadtsenats-Sitz ausging. Nun sei alles offen: Ehmann will intern besprechen, welche Optionen möglich sind. Die Variante Schwarz-Grün-Rot schloss er nicht aus: "Ich will keine Türen schließen, aber mit zehn Prozent und ohne Stadtsenats-Sitz hat man keinen Regierungsauftrag."
Er wolle vorsichtig sein in dieser schwierigen Situation, sagte Ehmann: "Ich will nicht als Anhängsel dastehen." Verantwortung zu übernehmen sei zwar wichtig, aber er habe vom Wähler ein anderes Signal empfangen, "und wenn man das nicht ernst nimmt, wird man nicht belohnt". Der Auftrag sei es nun, die Partei neu aufzustellen. Die Variante einer Koalition zwischen ÖVP und KPÖ hält Ehmann unter allen möglichen als die "unrealistischste". Schon eher könnte es zu Schwarz-Blau kommen: "Freuen würde mich das nicht." Deshalb wolle die SPÖ bei den eigenen Überlegungen über eine mögliche Arbeitsübereinkunft mit Nagl auch einkalkulieren, Schwarz-Blau zu verhindern.
Grüne wollen Schwarz-Blau verhindern
Grünen-Frontfrau Tina Wirnsberger will ebenfalls Schwarz-Blau verhindern, aber auch nicht um jeden Preis: "Die Inhalte müssen stimmen", meinte sie angesprochen auf eine mögliche Zusammenarbeit mit ÖVP und SPÖ. Konkrete Forderungen wolle sie nicht über die Medien ausrichten, aber über das Murkraftwerk und den Speicherkanal müsse man mit Nagl jedenfalls noch reden: "Ein umweltfreundliches Graz und soziale Gerechtigkeit sind uns wichtig."
Für die Dreier-Variante mit ÖVP und SPÖ seien die Grünen gesprächsbereit, wobei Wirnsberger der Titel der Vizebürgermeisterin nicht wichtig sei: "Ich bin nicht wegen der Ämter in der Politik, sondern weil ich in Graz etwas gestalten will und für die Umwelt kämpfe." Sie hinterfragte, warum Gespräche zwischen ÖVP und KPÖ offenbar gar kein Thema sind, denn immerhin hätten die beiden Parteien den "deutlichsten Auftrag" bekommen, Verantwortung zu übernehmen.
(APA/Red.)