Patriarchendämmerung im Lande Österreich

Josef Pühringer.
Josef Pühringer.(c) Die Presse (Clemens Fabry)
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Die „Alles für das Volk, aber so wenig wie möglich durch das Volk“–Mentalität hat zusehends ausgedient. Nicht nur in den Landeshauptmann-Büros.

Nach Erwin Pröll nun also auch Josef Pühringer. Im Stile des Niederösterreichers wird der Oberösterreicher heute seinen Zeitplan für die Amtsübergabe verkünden. Auf Josef Pühringer (67) wird dann Thomas Stelzer folgen, der übernächste Woche 50 Jahre alt wird.

Patriarchendämmerung im Lande Österreich. Insbesondere in der bürgerlichen Reichshälfte, nicht nur in der Politik, ist diese schon länger im Gange. Im Raiffeisen-Sektor sind zwei ebenso Machtbewusste aus Ober- und Niederösterreich, Ludwig Scharinger und Christian Konrad, abgetreten. Wirtschaftskammer-Chef Christoph Leitl könnte der Nächste sein.

Die „Alles für das Volk, aber so wenig wie möglich durch das Volk“-Mentalität in den Landeshauptmann-Büros und Chef-Etagen ist nicht mehr zeitgemäß. Die großen, alten, in der Aufstiegsphase der Nachkriegszeit sozialisierten Männer, die nach Gutsherrenart regierten und selbst am besten wussten, was gut für die Untertanen ist, haben ausgedient. Durchaus mit der Folge, dass nach ihnen ein Machtvakuum mit Diadochenkämpfen und Unklarheiten über die Strategie entstehen kann. Was in Firmen den Unternehmenserfolg gefährden und in der Politik zu Verlusten bei Wahlen führen kann.

Den ersten dieser Generationswechsel in der (Landes-)Politik gab es in Vorarlberg, als 2011 der damals 41-jährige Markus Wallner das Szepter von Langzeitregent Herbert Sausgruber übernahm. Wallner wurden gleich einmal alle möglichen Unzulänglichkeiten zugeschrieben, bei seiner ersten Landtagswahl verlor er neun Prozentpunkte. Heute regiert er unbestritten in einer schwarz-grünen Koalition, sein Wort wird auch in der Bundespartei gehört. Dieses wird allerdings nicht mehr in Le-Bundesland-c'est-moi-Fürstenmanier vorgebracht.

Über dasselbe Phänomen, den Vergleich mit dem in der Erinnerung der Landsleute über- und allmächtigen Vorgänger (Luis Durnwalder), klagte jüngst in der „Presse“ auch der Südtiroler Landeshauptmann Arno Kompatscher.

Ähnlich wird es Johanna Mikl-Leitner in Niederösterreich ergehen. Sie wird über Jahre an Erwin Pröll gemessen werden und dessen absolute Mehrheit kaum halten können. Bis sie ihren eigenen Stil gefunden haben und die Erinnerung an den Vorgänger verblasst sein wird.

Fehlt also noch Michael Häupl. Dieser hat allerdings das – hausgemachte – Problem, dass er keinen passenden Nachfolger hat, der über seine Breite verfügt. Nimmt er einen Kandidaten des einen Flügels, verärgert er den anderen. Eine integrative Figur ist nicht in Sicht.

Allerdings gilt im besten Fall auch für den Häupl-Nachfolger: Hat er seinen eigenen Stil gefunden, kann auch er reüssieren. Häupl selbst ist es nach Helmut Zilk nicht anders ergangen als Markus Wallner nach Herbert Sausgruber. Im schlechteren Fall nähert sich die Wiener SPÖ den Grazer Genossen an.

Für die Bundespolitik ist all das eine Chance: Die Macht geht nicht mehr von den Ländern aus, jedenfalls nicht mehr so stark wie zuvor. Das hat sich zuletzt bereits abgezeichnet. Früher war es undenkbar, dass nicht die Wiener SPÖ den Bundesparteivorsitzenden der SPÖ macht. Christian Kern hat Michael Häupl einfach übergangen. Auch die Zeiten, als der niederösterreichische ÖVP-Landeshauptmann den Bundesparteiobmann einsetzte, sind vorbei.

So stark und von den Ländern unabhängig wie unter Christian Kern war die SPÖ-Bundespartei schon lang nicht mehr. Dasselbe würde für eine ÖVP unter Sebastian Kurz gelten. Er könnte, damit er sich das überhaupt antut, von den Ländern mehr Zugeständnisse herausholen als jeder seiner Vorgänger. Es sei denn, der eine oder andere Landeshauptmann nimmt lieber die nächste Niederlage im Bund in Kauf, als eigene Machtansprüche abzugeben.

Der wohl wichtigste ist der Einfluss auf die Listenerstellung für Nationalratswahlen. So lange die Mandatare von den Ländern nominiert werden, wird deren Loyalität auch diesen gehören. Und so lange diese Praxis fortbesteht, wird sich im Wesentlichen wenig ändern. Patriarchendämmerung hin oder her.

E-Mails an:oliver.pink@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 09.02.2017)

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