Stefan Kraft: "Ich Weltmeister? Unglaublich"

NORDIC SKIING - FIS WC Lahti 2017
NORDIC SKIING - FIS WC Lahti 2017(c) GEPA pictures (GEPA pictures/ Florian Ertl)
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Stefan Kraft gewinnt WM-Gold im Springen von der Normalschanze, für ihn ist diese Medaille eine Befreiung. Die Medaillenfeier folgt heute – Kraft springt am Sonntag im Mixed.

Lahti. Erst wollte er es gar nicht glauben, weil die Anzeigentafel vor der Salpausselkä-Schanze von Lahti kurzerhand ihren Geist aufgegeben hatte. Als dann doch der Einser aufleuchtete und Gregor Schlierenzauer schon auf ihn grinsend zulief, war auch Stefan Kraft bewusst geworden, dass er Weltmeister im Skispringen ist. Der Salzburger, 23, gewann damit nicht nur sein erstes Gold, sondern auch die erste Medaille für Österreich bei dieser Nordischen WM in Finnland. Und, er folgte damit seinem Coach nach. Heinz Kuttin wurde 1991 ebenfalls Weltmeister auf der mittlerweile im Weltcup aussortierten Kleinschanze.

Einmal mehr wurde an diesem Tag auch deutlich, warum Lahti bereits sieben Mal die WM veranstaltet hat: hier wird der nordische Sport gelebt, es ist ein Kulturgut. Tagsüber kamen die Massen zu zwei Langlaufrennen, am Abend war die imposante Schanzenanlage von einer gewaltigen Menschenschlange umsäumt. Wer zu spät kam, hatte Pech und kam erst viel zu spät zum Springen. Kraft konnte dieses Malheur egal sein, er nimmt ohnehin stets die schnellste und direkte Linie. Makellose Sprünge 99,5 und 98 Meter genügten, um die Konkurrenz zu distanzieren, Kraft gewann vor den beiden Deutschen Andreas Wellinger und Markus Eisenbichler. „Genial! Das hätte ich mir nicht erträumen können, dass das passiert. Ich bin Weltmeister? Da ist einfach unglaublich!“

Siegen die Bayern, gewinnt auch Stefan Kraft

Mit dieser Goldenen ist Stefan Kraft endgültig im Kreis der ganz großen Skispringer gelandet. Der leidenschaftliche Bayern-Fan („8:0 gegen den HSV!“) gewann 2015 die Tournee, jetzt schmückt ihn WM-Gold, und ja, er selbst wisse, dass auch Olympia in Reichweite ist für ihn. 2018 finden die Spiele in Pyeongchang, Südkorea, statt. Die Generalprobe gewann – Kraft. Und, er machte mit diesem Gold beste Werbung für die WM 2019 in Seefeld. Am besten wäre, die Organisatoren stimmen den Terminplan flott mit den Spielen des FC Bayern ab. Gewinnt der FCB, springt auch Kraft weiter als alle anderen.

Dass freilich nicht nur er allein dieses Gold gewonnen hat, diese Aussage legt offen, welch Charaktertyp Kraft ist, sei unbestritten. Servicemann Mathias Hafele habe ihm den besten, grellsten Anzug geschneidert und Kuttin habe ihm nach der Halbzeitführung den Rücken gestärkt. Mache es wie immer, habe ihm der Coach gesagt. Kraft sprang jetzt in den jüngsten acht Bewerben immer auf das Podest. Skispringen ist eine Sportart, in der Nuancen entscheiden, das Spiel mit Wind, Anlaufgeschwindigkeit und Absprung in Kombination mit dem besten Material ist nicht einfach. Der Pongauer ist aber ein Wettkampftyp, einer, der immer ein Lächeln zeigt, sich nicht versteckt. Und auch nichts zurückhält. Ganz oder gar nicht, in diesem Punkt macht das 56 Kilogramm leichte Sprungwunder keinerlei Abstriche.

Gewinnen Österreicher Medaillen, wird geforscht, welche Wege ihre Karriere geprägt haben. Dass Kraft Skifahrer werden wollte und als Zehnjähriger von Christian Wallner zum SV Schwarzach geholt worden ist, ist so eine dieser Anekdoten. Eine weitere ist, dass Kraft erst nach dem Karriereende von Thomas Morgenstern und der Auszeit von Gregor Schlierenzauer zum Gewinner aufgestiegen ist. Zwar lässt er sich diese Führungsrolle nicht immer offen umhängen, an diesem Status gibt es aber spätestens mit dieser WM keinerlei Zweifel mehr.

Keine Medaillenfeier?

Eine Medaillenfeier aber gab es für den Salzburger am Samstagabend jedoch nicht. Er ist für das heutige Mixed-Springen nominiert, also hätte er so oder so kein Fest haben oder besuchen wollen. Dass es aber bei der Nordischen WM in Lahti auch gar kein „Österreich-Haus“ gibt, schlägt auch manch Funktionär auf den Magen. Der Unterschied zu den Alpinen ist immer noch deutlich, die finanzielle Kluft groß. An drei Abenden soll aber ein Lokal angemietet werden.

Stefan Kraft nahm das vollkommen gelassen, Er hörte die Bundeshymne, lächelte, bekam sein Gold überreicht auf dem Hauptplatz von Lahti. Er ist Weltmeister – „und davon habe ich schon so lange geträumt.“

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