Der Abwärtstrend der Nationalmannschaft manifestiert sich im Ticketverkauf für das WM-Qualifikationsspiel gegen Moldau, es droht ein halbleeres Happel-Stadion. Das Team beschäftigt indes die Frage nach dem Spielsystem.
Wien. Österreichs Fußballnationalmannschaft hat, und das ist unbestritten, seit der enttäuschenden Europameisterschaft 2016 an Zugkraft verloren. Während bei Heimspielen Fanmassen vor nicht allzu langer Zeit noch in einer beeindruckenden Regelmäßigkeit das Oval des Ernst-Happel-Stadions füllten, so ist die vormals überschwängliche Euphorie im vergangenen Sommer irgendwo zwischen Bordeaux und Paris verloren gegangen. Für das richtungsweisende WM-Qualifikationsspiel gegen Moldau am Freitag (20.45 Uhr, live in ORF 1) wurden bis Mittwochmittag erst 18.500 Karten abgesetzt. Zum Vergleich: Vor eineinhalb Jahren war man gegen denselben Gegner in der EM-Qualifikation (1:0) mit 48.500 Fans restlos ausverkauft.
Die Mannschaft von Marcel Koller, so viel ist gewiss, konnte schon auf größere Unterstützung vertrauen. Mit jeder Niederlage wurden Erwartungen enttäuscht, hat die Öffentlichkeit etwas an Vertrauen verloren. „Ich kann es verstehen, dass die Leute enttäuscht sind“, sagt Marko Arnautovic, auf den Zuspruch der Fans angesprochen. Warum bislang gar so wenige Tickets verkauft wurden, entzieht sich jedoch der Kenntnis des England-Legionärs. „Ich weiß ja nicht, was die Leute am Freitag für Termine haben.“ Das Spiel gegen Moldau bietet also nicht nur die Chance, den Anschluss in der Qualifikationsgruppe D zu wahren, „wir können auch viele Fans zurückgewinnen.“
Arnautovic, der Antreiber
Gelingen kann dies nur mit einem couragierten Auftritt, ein Sieg erscheint ob der Tabellensituation ohnehin Pflicht. „Wenn jeder 100 Prozent auf dem Platz bringt, dann sind wir eine brutal gute Mannschaft“, glaubt Arnautovic. Die Europameisterschaft und der unglücklich verlaufene WM–Quali-Herbst sind vergessen, versichert der 27-Jährige. „Wir müssen jetzt nach vorne schauen.“ Der Stoke-City-Akteur nimmt dabei eine Vorreiterrolle ein, mimt teamintern den Antreiber und Motivator. „Ich versuche immer, die Mannschaft mitzunehmen, ein Leader zu sein.“
Die Anzeichen verdichten sich, dass Österreich gegen Schlusslicht Moldau mit einem offensiveren 3-5-2-System anstatt des erprobten 4-2-3-1 aufläuft. Dabei würden die Innenverteidiger Aleksandar Dragovic, Sebastian Prödl und Martin Hinteregger die Dreierabwehr bilden, als Doppelspitze dürften Teamrückkehrer Guido Burgstaller und Marc Janko fungieren. Arnautovic wird wohl im linken Mittelfeld Platz finden, wenngleich er sagt: „Ich spiele überall, wo mich der Trainer aufstellt.“
Viel Zeit, das neue System einzustudieren, hatten Kollers Mannen allerdings nicht, schon heute Abend findet das Abschlusstraining statt. „Zwei Einheiten müssen reichen“, erklärt Dragovic, der im Gegensatz zu seinen Teamkollegen Prödl und Hinteregger mit der Ausnahme des Islands-Spiels bei der Euro (1:2) keinerlei Erfahrungen mit einer Dreierabwehr gemacht hat, aber durchaus Vorteile darin erkennen kann. „Die anderen Jungs können sich mehr auf die Offensive konzentrieren.“
Dragovic, der zuletzt bei seinem Klub Bayer Leverkusen wieder leicht ansteigende Form zeigte, erwartet gegen die Nummer 162 der Fifa-Weltrangliste „ein Geduldsspiel“, man dürfte sich keinerlei Illusionen hingeben. „Es wird nicht so leicht, wie vielleicht manche glauben. Wir werden nicht 8:0 gewinnen.“
Freitag: Österreich – Moldau (20.45 Uhr, live ORF eins), Georgien – Serbien (18 Uhr), Irland – Wales (20.45 Uhr).
ÖFB-Spiele: 11. 6.: Irland – Österreich, 2. 9.: Wales – Österreich, 5. 9.: Österreich – Georgien, 6. 10.: Österreich – Serbien, 9. 10.: Moldau – Österreich.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 23.03.2017)