Schulautonomie: Mehr als 1000 kritische Stellungnahmen

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Auch der Rechnungshof hat sich in die Kritiker eingereiht. Besondere Skepsis gibt es bei Schulclustern und Bildungsdirektionen.

Bis Freitagmittag sind mehr als 1000 großteils kritische Stellungnahmen zum Schulautonomiepaket der Regierung eingegangen. Vielfach bemängelt wird bisher etwa die Möglichkeit, dass Cluster- bzw. Schulleiter Lerngruppen mit mehr als 25 Schülern bilden dürfen und Cluster auch gegen den Widerstand der betroffenen Lehrer gebildet werden können. Die Begutachtungsfrist endet am Sonntag

Am Freitag hat sich der Rechnungshof in die Kritiker eingereiht. Besonders skeptisch bewertet er in seiner Stellungnahme zu den Gesetzesentwürfen zwei zentrale Elemente der geplanten Reform: die Cluster aus bis zu acht gemeinsam verwalteten Schulen und die Bildungsdirektionen, die künftig Landesschulräte und Bildungsabteilungen der Länder ersetzen sollen.

"Keinen Mehrwert zur derzeit geltenden Rechtslage" sieht der Rechnungshof in den Schulclustern: Immerhin sei die gemeinsame Führung mehrerer Pflichtschulen (vor allem Volksschule, Neue Mittelschule) schon jetzt rechtlich möglich. Außerdem stört den RH die Einschränkung, dass Pflicht- und Bundesschulen keine gemeinsamen Verbünde bilden können sollen.

Dadurch würde die gemeinsame Nutzung von Schulraum, aber auch schulübergreifende Zusammenarbeit zwischen AHS/berufsbildenden mittleren und höheren Schulen (BMHS) und Neuen Mittelschulen erschwert bzw. komplett unmöglich gemacht. Eine weitere Gefahr sieht der RH darin, dass durch die Clusterbildung die von ihm schon lange propagierte Schließung von Kleinstschulen "zeitlich hinausgeschoben wird oder sogar gänzlich unterbleibt".

"Nur eine Übergangslösung"

Die Konstruktion der Bildungsdirektionen als "Mischbehörden" von Bund und Ländern, die unter einem Dach die Lehrerverwaltung und Schulaufsicht wahrnehmen sollen, findet der Rechnungshof problematisch. Nachdem hier "keine endgültige Kompetenzreform" umgesetzt werde, sollten die Bildungsdirektionen "nur als Übergangslösung betrachtet werden". Die bisherige Kompetenzzersplitterung bleibe nämlich erhalten, weil etwa bei der Finanzierung der Landeslehrer noch immer das Land über den Lehrereinsatz entscheiden kann, der Bund aber die Finanzierung stellt.

In den Bildungsdirektionen erwartet der Rechnungshof auch deshalb Probleme, weil der Bildungsdirektor sowohl vom Präsidenten, der optional vom Land eingesetzt werden kann, als auch von der Bildungsministerin Weisungen entgegennehmen muss. Das könne zu "Interessens- bzw. Treuekonflikten" führen. Die gleiche Gefahr sieht der Rechnungshof auch wegen der unterschiedlichen Bundes- und Landesinteressen (etwa bei Ressourcenzuteilung, Einhaltung der Stellenpläne etc.), die die Bildungsdirektion unter einen Hut bringen soll.

Konflikte erwartet der Rechnungshof auch, weil in der Bildungsdirektion künftig Bundes- und Landesbedienstete denselben Aufgabenbereich übernehmen, dabei aber nach unterschiedlichen Dienstrechten angestellt sind, unterschiedlich viel verdienen und anderen Personen weisungsgebunden sind. Dass die Zentrallehranstalten und das land- und forstwirtschaftliche Schulwesen von der neuen Struktur ausgenommen sind, findet der RH überhaupt unverständlich.

Aus für Schulversuche wird gelobt

Mit einigen Punkten ist der Rechnungshof aber auch zufrieden, etwa der zeitlichen Befristung und generellen Verringerung der Schulversuche. In der Reform ist vorgesehen, dass durch den Ausbau der Schulautonomie das Gros der Versuche obsolet wird. Der Plan, künftig für Verwaltungsaufgaben verstärkt Administrativpersonal anstelle von Lehrern einzusetzen, wird ebenfalls begrüßt. Die Fortbildungspläne an den Schulen sieht der Rechnungshof als wichtigen Schritt, um den Schulleitern die zielgerichtete Weiterbildung ihrer Lehrer zu ermöglichen.

Positiv sei auch, dass die Clusterleiter oder Direktoren künftig stärker bei der Lehrerauswahl mitreden und Schulärzte auch für Impfungen und Gesundheitserziehung zuständig sein sollen. Dass durch die Reform keine zusätzlichen Kosten entstehen sollen, ist für den Rechnungshof allerdings nicht nachvollziehbar.

(APA)

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