Deutschmatura: Kein Skandal, aber ziemlich viel Internet

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Dass man Literatur abwählen kann, stört Experten. Autorensprecher Ruiss wünscht sich mehr Raum für Individualität.

Es sei eine sehr vorsichtige Deutschmatura – nach dem Motto: Es möge nichts schiefgehen. Das ist die erste Einschätzung von Autorensprecher Gerhard Ruiss zur ersten Klausur, die 46.000 Maturanten am Mittwoch geschrieben haben. „Ich sehe keinen Skandal in irgendwas.“ Ein Problem sehe er darin, dass den Schülern in der Aufgabe und den Hilfestellungen bereits ziemlich genau vorgegeben werde, wie der Text zu analysieren sei, so Ruiss. „In Deutsch ließe sich die Persönlichkeit zum Ausdruck bringen. Aber man versucht, alles messbar zu machen. Da kann man Abweichungen nicht brauchen. Das ist für uns das alte Dilemma.“

Ein zweiter langjähriger Kritikpunkt ist der Stellenwert der Literatur: „Dass man Literatur generell abwählen kann, das ist der Sündenfall der Zentralmatura“, sagt Ruiss. Er hätte gerne eine Statistik darüber, wie viele Schüler welche Themen bei der Matura wählen. Dem Vernehmen nach sind die literarischen Aufgabenstellungen üblicherweise unbeliebt. Dabei dürfte man diesmal versucht haben, gegenzusteuern, indem man die Gedichtinterpretation in dem Themenpaket zum Zeitunglesen mit der leichtesten Textkategorie Leserbrief kombiniert hat.

„Internet hat großen Stellenwert“

Dass man eine Deutschmatura absolvieren kann, ohne eine literarische Fragestellung zu bewältigen, hält auch die ehemalige AHS-Direktorin und Schulbuchgutachterin Heidi Schrodt für einen Fehler. „Dass das früher nicht anders war, rechtfertigt das nicht. Ich halte das für nicht gut, was den Stellenwert der Kunst – in diesem Fall vertreten durch die Literatur – angeht.“ Das Gedicht, das für dieses Themenpaket ausgewählt wurde, hält sie für eine gute Wahl. Die Aufgabe sei die schwierigste, obwohl das Gedicht an sich nicht besonders schwierig zu interpretieren sei.

Die anderen beiden Themen überschneiden sich thematisch. „Das Internet hat einen ziemlich großen Stellenwert“, so Schrodt. Es geht um die Frage nach der Vermessung des Körpers, um die Auswirkungen von Facebook auf die Medien und das Internet im Unterricht. Ansonsten hat sie an der diesjährigen Deutschmatura nichts Gröberes auszusetzen. „Alles ist im Rahmen dessen, was vorgesehen ist.“ Sie würde aber überdenken, ob die drei Aufgabenpakete wie derzeit vorgesehen wirklich jeweils unter einer thematischen Klammer stehen müssen.

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