Vor der Sondersitzung des deutschen Verteidigungsausschusses gerät die Ministerin unter Druck. Sie sei keine Aufklärerin, sondern eine Mitverursacherin des Problems.
Wegen der Affäre um den terrorverdächtigen rechtsextremen deutschen Soldaten Franco A. hat die deutsche Verteidigungsministerin Ursula vonderLeyen grundlegende Veränderungen in der Bundeswehr angekündigt. Die aktuelle Aufklärung des Falls durch die Bundesstaatsanwaltschaft sei zwar das Wichtigste, sagte vonderLeyen am Mittwoch vor einer Sondersitzung des Verteidigungsausschusses zu der Affäre.
"Aber ich bin mir völlig darüber im Klaren, darüber will ich auch im Ausschuss heute berichten, dass wir einen breiten Prozess innerhalb der Bundeswehr selber haben, den wir gemeinsam gehen müssen, vom Rekruten bis zum General, vom Referenten bis zur Ministerin", fügte sie hinzu. Es gehe um die innere Führung, das Wehrdisziplinarwesen, um die politische Bildung von Soldaten, um den Traditionserlass von 1982.
Munition "aus Beständen der Bundeswehr" gefunden
Von derLeyen bestätigte in dem Zusammenhang, dass es im Fall Franco A. Munitionsfunde gebe, "die aus den Beständen der Bundeswehr stammen". Bereits in der vergangenen Woche war bekannt geworden, dass im Umfeld von Franco A. erhebliche Mengen verschiedenster Munition gefunden wurden. Berichten will vonderLeyen dem Ausschuss auch über den Stand der Durchsuchungen in Bundeswehr-Kasernen nach "Wehrmachts-Devotionalien, die wir dort nicht haben wollen".
Die nicht-öffentliche Sondersitzung des Ausschusses war vonder Opposition beantragt worden. VonderLeyen steht unter Druck, die Affäre zieht immer weitere Kreise. Der seit Ende April inhaftierte Oberleutnant Franco A. hatte sich monatelang als syrischer Flüchtling ausgegeben und offenbar einen Anschlag geplant. Mit der fiktiven Identität sollte der Verdacht auf Asylbewerber gelenkt werden.
Hinweise seit 2014 ohne Konsequenzen
Der Bundeswehr lagen schon seit 2014 Hinweise auf eine rechtsextreme Gesinnung des Offiziers vor, ohne dass Konsequenzen folgten. Am Dienstag wurde ein mutmaßlicher Komplize festgenommen. Zudem hatte es Berichte über die Nutzung von Wehrmachts-Utensilien in mehreren Bundeswehr-Kasernen gegeben.
Die Oppositionsparteien SPD, Grünen und Linke werfen der Ministerin am Mittwoch erneut Versäumnisse in der Führung der Streitkräfte. "Die Ministerin tut so, als ob sie die große Aufklärerin ist, in Wirklichkeit hat sie einen Teil der Probleme selbst geschaffen", sagte der SPD-Verteidigungsexperte Rainer Arnold vor der Sondersitzung. Auch SPD-Fraktionschef Thomas Oppermann warf Van derLeyen vor "zu lange weggeschaut" zu haben.
(APA/dpa/Reuters/AFP)