Am Donnerstag verständigten sich die Mitgliedstaaten der Organisation erdölexportierender Länder, die Förderbeschränkungen bis März 2018 zu verlängern. Die Märkte hatten mehr erwartet. Der Ölpreis fällt, anstatt zu steigen.
Wien. Gespannt blickte am Donnerstag der gesamte Ölmarkt nach Wien. In der Bundeshauptstadt trafen die Ölminister der Organisation erdölexportierender Länder (Opec) zu ihrer traditionellen halbjährlichen Konferenz zusammen und taten schlussendlich das, was schon im Vorfeld erwartet worden war: Nach Angaben eines Delegierten einigten sie sich darauf, die derzeit bestehenden Förderlimits um weitere neun Monate, also bis zum März 2018, zu verlängern. Dieses Ergebnis ist keine Überraschung. Schon Mitte Mai hatten sich der saudische Ölminister, Khalid al-Falih, und sein russischer Amtskollege, Alexander Nowak, in Peking getroffen und sich schlussendlich darauf verständigt, auch weiterhin mit Hilfe von Kürzungen den Ölpreis zu stabilisieren. Der Markt reagierte damals auf ihre gemeinsame Absichtserklärung mit Euphorie. Der Preis für ein Barrel (159 Liter) stieg noch am selben Tag um mehr als 3,5 Prozent auf über 52,5 Dollar.
Seit Jänner 2017 haben die Opec-Mitglieder eine Förderbremse für das erste Halbjahr 2017 verfügt, um damit den Ölpreis zu stützen. Konkret kam es zu einer Produktionskürzung von 1,6 Mio. Barrel (je 159 Liter), das entspricht einer Menge von etwa zwei Prozent der täglichen Weltproduktion. Zu einer deutlichen Verteuerung des Öls ist es entgegen der Hoffnung der Opec bisher dennoch nicht gekommen.
An den gestern verkündeten Beschluss, die Ölfördermengen auch weiterhin zu drosseln, dürften sich – wie bisher schon – auch ein Dutzend anderer Ölförderländer, wie Russland, halten, obwohl sie nicht dem Kartell angehören. Allerdings sind die Analysten nicht davon überzeugt, dass die Produktionslimits diesmal mehr Effekt haben werden, der Ölpreis werde sich nicht nachhaltig verändern, so der einheitliche Tenor.
Keine nachhaltige Maßnahme
Als Reaktion auf die gestrige Entscheidung fiel der Ölpreis jedenfalls um mehr als ein Prozent. Auch am Freitag setzte er seinen Verlustkurs fort: Der Preis für ein Barrel (159 Liter) der Nordseesorte Brent sank auf 51,26 US-Dollar (45,71 Euro). Das waren um 20 Cent weniger als am Vortag. Die Anleger hatten sich offenbar mehr erhofft und darauf spekuliert, dass die neu vereinbarte Selbstbeschränkung nicht nur neun Monate, sondern gleich ein Jahr andauern könnte.
„Es ist eine Enttäuschung, dass sich die Opec nicht zu mehr durchringen konnte, um die Preise zu stabilisieren“, sagte Olivier Jakob, Analyst bei der Schweizer Beratungsfirma Petromatrix. „Eine Verlängerung von neun Monaten ist in den Preisen schon berücksichtigt.Das zeigt, dass die Opec nicht viel mehr machen kann.“
Eine Verlängerung über März 2018 hinaus wollen und können viele Opec-Mitgliedstaaten einfach nicht verschmerzen. Die geringeren Einnahmen sorgen für große Löcher in ihren Budgets: „Wir wollen jene Länder nicht länger belasten, die sich längere Kürzungen nicht leisten können“, erklärte Kuwaits Ölminister, Essam Al-Marzouq. Libyen und Nigeria werden sich an der Förderbremse gar nicht beteiligen, da aufgrund der in beiden Ländern vorherrschenden Unruhen ohnehin weniger Erdöl gefördert wird.
Noch ein anderes Thema beschäftigte gestern die Ölminister: Die zunehmende Schieferöl-Produktion im konkurrierenden Förderland USA. Während einige Opec-Mitgliedstaaten sie nicht überbewerten wollten, sprach der Ölminister Venezuelas, Nelson Martinez, von einer „Bedrohung“. In den Vereinigten Staaten hatte die Ölförderung auch mit Hilfe der umstrittenen Fracking-Methode zuletzt wieder stark zugenommen. Die Produzenten dort haben ihre Kosten gesenkt und sind somit auf dem Weltmarkt wesentlich konkurrenzfähiger geworden. (ag./hec)
("Die Presse", Print-Ausgabe, 26.05.2017)