Konfliktkultur ohne Zuspitzung: Forum Alpbach 2017 eröffnet

Forumspräsident Franz Fischler, LH Arno Kompatscher (Südtirol), BM für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft Andrä Rupprechter (ÖVP), LH Ugo Rossi (Trient), LH Günther Platter (Tirol) während der der feierlichen Eröffnung des Europäischen Forums Alpbach 2017.
Forumspräsident Franz Fischler, LH Arno Kompatscher (Südtirol), BM für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft Andrä Rupprechter (ÖVP), LH Ugo Rossi (Trient), LH Günther Platter (Tirol) während der der feierlichen Eröffnung des Europäischen Forums Alpbach 2017.APA/EXPA/GRODER
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Tiroltag. Über dem Forum, das heuer das Motto „Konflikt und Kooperation“ hat, schwebt der Wahlkampf. Bei der Eröffnung beschwört man den Kompromiss.

Die Choreografie ändert sich kaum. Erst die Messe in der Pfarrkirche St. Oswald, das Abschreiten der Alpbacher Schützen durch hochrangige Politiker auf dem Kirchplatz und danach die Reden. Der Tiroltag, der offizielle Startschuss für das Europäische Forum Alpbach, sorgt selten für Überraschungen. Natürlich, in einem Wahlkampfjahr wird das Tiroler Bergdorf wohl umso intensiver beobachtet – doch bis zum Start der Politischen Gespräche am Sonntag, bei denen Minister und Parteifunktionäre die alpine Bühne für Wahlkampfauftritte nützen, gibt es noch eine Schonfrist.

Die Tagespolitik sehen die Organisatoren des Forums hier ohnehin nicht gerne. Es geht um mehr. „Wir brauchen neue Wege, um mit Konflikten umzugehen“, sagt Forums-Präsident Franz Fischler in seiner Rede. Gerade, weil es eine Zeit der Umbrüche sei, in der die alte Nachkriegsordnung längst auf dem Prüfstand stehe. In Ungarn wolle man die Freiheit der Wissenschaft einschränken, in den USA stelle ein Präsident den Klimawandel in Frage, Europa könne sich nicht auf ein gemeinsames Vorgehen in der Flüchtlingsfrage einigen. Und überhaupt mache sich Populismus breit. Genau dagegen will das Forum ein Zeichen setzen. Und mit dem diesjährigen Motto „Konflikt und Kooperation“, so Fischler, habe man schon ins Schwarze getroffen.

„Es braucht neues Engagement“

Neue Formen der Kooperation, eine Reform der demokratischen Systeme müsse man diskutieren. Und es brauche auch ein neues Engagement, um den Zusammenhalt in der Gesellschaft zu stärken. Mit 5000 Gästen aus 100 Staaten soll das heurige Forum diese Themen diskutieren – besonders streicht Fischler die 700 jungen Menschen aus 78 Ländern hervor, die hier Ideen und Lösungen erarbeiten und mit in ihre Heimat nehmen sollen.

Schon in der Messe davor hat sich der Innsbrucker Diözesanadministrator Jakob Bürgler für eine Besinnung auf eine „gute Konfliktkultur“ ausgesprochen und vor Zuspitzung und Demagogie in gesellschaftlichen wie politischen Auseinandersetzungen gewarnt. „Wer nur laut schreit, mag auf den ersten Blick der Stärkere sein, aber er erschließt keinen Weg für die Zukunft und ermöglicht keine Lösung.“

Bei den politischen Eröffnungsreden danach wird diese Anregung des Geistlichen auch aufgenommen – wenn auch der Konflikt grundsätzlich als notwendig bezeichnet wird. „Es wird nicht immer ohne Streit gehen“, sagt Alpbachs Bürgermeister Markus Bischofer, „man braucht auch den Kompromiss“. Er fügt damit den zwei K des Mottos ein drittes hinzu. Und bezeichnet es als „die vielleicht demokratischste Form der Politik“.

Konkret wird Landeshauptmann Günther Platter (ÖVP), der gleich drei Themenfelder nennt, in denen es für Tirol derzeit um einen guten Kompromiss gehe. Bei der Flüchtlingsthematik gebe es schon eine gute Kooperation mit Italien – und nur dadurch sei es gelungen, ein Chaos am Grenzübergang Brenner zu verhindern. Beim Transitverkehr hofft er auf eine Kooperation mit den Nachbarländern und Europa – mit einer Korridormaut von München nach Verona, um die Belastung für die Anrainer zu reduzieren. Und schließlich bringt er auch noch die Olympiabewerbung für 2026 ins Spiel – hier gebe es auch die Option, einige Bewerbe in Bozen in Südtirol auszutragen. Mit seinem Südtiroler Amtskollegen Arno Kompatscher sei er auch schon in Gesprächen darüber.

„Das Ende Europas“

Kompatscher ist es auch, der einen Appell zur Zusammenarbeit ausspricht – vor allem in Hinblick auf das Migrationsthema. Hier gehe es darum, dass Europa gemeinsam Antworten gebe. „Suchen wir Lösungen dort, wo die Ursachen sind oder ziehen wir uns nur auf unsere eigenen Interessen zurück?“ Gerade im zweiten Fall, der ja zunehmend zu beobachten sei, drohe eine Gefahr: „Das würde das Ende Europas bedeuten.“

Forum Alpbach

Das heurige Forum ist die 73. Auflage, diesmal steht es unter dem Generalthema "Konflikt und Kooperation". Der Tiroltag markiert die Eröffnung. Mit dem Sonntag starten auch die Gesundheitsgespräche (20.-22.8.), es folgen die Hochschulgespräche (23.-24.8.), die Technologiegespräche (24.-26.8.), die Politischen Gespräche (27.-29.8.) und die Rechtsgespräche (27.-29.8.). Danach folgen die Wirtschaftsgespräche (29.-31.8.), die Baukulturgespräche (31.8.-1.9.) und die Finanzmarktgespräche (31.8.-1.9.).

Infos: Europäisches Forum Alpbach

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