Was Direktoren heute alles können müssen

Kunsthistorisches und Naturhistorisches Museum in Wien
Kunsthistorisches und Naturhistorisches Museum in Wien(c) Clemens Fabry
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Vom Kunsthistoriker Hermann Fillitz zum Ägyptologen Wilfried Seipel war es im KHM ein weiter Weg. Und doch sind Museumschefs einander ähnlich. Frauen waren und sind unter ihnen stärker vertreten, als man annimmt.

Wissenschaftsministerin Hertha Firnberg setzte Anfang der Achtziger zweimal Wichtiges im Kunstbereich durch: Die Gründung der Österreichischen Ludwigstiftung, die das fragile Museum moderner Kunst absicherte – und die Berufung des Kunsthistorikers Hermann Fillitz zum ersten Direktor des Kunsthistorischen Museums.

Beide öffentlich heiß umstrittenen Entscheidungen Firnbergs waren verflochten, denn Fillitz zählte auch zu den Wegbereitern der Ludwigstiftung. Beim baulich desolaten KHM wirkte der Universitätsprofessor bei jener medialen Lawine mit, die zur Generalsanierung der Bundesmuseen führte. Allerdings zerstritt Fillitz sich mit dem hierin ebenfalls stark engagierten Minister, Erhard Busek. Nach einem Rechnungshofbericht ging die Ära Fillitz zu Ende, wie viele Jahre darauf die seines Nachfolgers, Wilfried Seipel. Das Positive aber blieb: Kultur und Politik hatten erfolgreich zusammengewirkt, um die weltweit einmaligen Sammlungen ins rechte Licht zu rücken. Wenn heute die neue ÖVP unter Sebastian Kurz bis knapp vor der Wahl braucht, um sich ein Kulturprogramm abzuringen, erinnert man sich freundlich an Volksvertreter dieser Partei wie Busek oder Elisabeth Gehrer, die wussten, worum es bei der Kultur geht.

Gelehrte und Manager

Fillitz' Vorgängerin im KHM war in den Siebzigern eine Frau, Friederike Klauner, sie diente der Kunst mit der gleichen Leidenschaft wie Fillitz, erweiterte das KHM-Imperium, lockte Kinder ins Haus und etablierte ein Café-Restaurant. Eine Dame amtierte auch lange im kleinen, feinen Volkskundemuseum als Direktorin: Margot Schindler. Die Frauenriege in den heutigen Kulturinstitutionen wird nach einem Aufschwung wieder dezimiert. Persönlichkeiten wie Johanna Rachinger in der Nationalbibliothek oder Gabriele Zuna-Kratky im Technischen Museum wirken jedenfalls vorbildhaft.

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Museumsdirektoren müssen heute breiter und mehr nach außen wirken. Mit seinen „Gold“-Ausstellungen hat der frühere KHM-Generaldirektor Seipel viel Publikum gelockt, auch mit Ausstellungen über alte Kulturen („Die Welt der Maya“). Bei Letzteren könnte ein KHM-General heute anknüpfen. Notabene, wenn im Herbst das neu gestaltete Weltmuseum (früher Völkerkundemuseum) eröffnet wird, das auch die Expatriate-Communities in Wien ansprechen wird.

Insgesamt gibt es zu wenig Kommunikation und Kooperation, im KHM-Verbund, mit dem „Naturhistorischen“, zwischen Belvedere und Leopoldmuseum, etc. Gerade beim Leopoldmuseum sieht man allerdings, wie man ein Haus aus dem Dornröschenschlaf wecken kann, mit erfindungsreichen Ausstellungen. Leopoldmuseum-Direktor Hans-Peter Wipplinger versteht es, mit den „Talenten“ der Institution zu wuchern, hier hat auch KHM-Generaldirektorin Sabine Haag Impulse gesetzt. Allein die edle KHM-Homepage und die altmodische der Uffizien, die der neue KHM-Chef Eike Schmidt führt: Welch ein Unterschied!

Mit dem Haus der Geschichte kommt 2018 in Wien ein weiterer Player ins Spiel (geführt von einer Dame, Monika Sommer-Sieghart). Beim Ideenaustausch gibt es insgesamt Defizite, dabei ist Wissen so wichtig und hat sich nachhaltig verändert. Bei alledem, was an Themen in der Luft liegt, herrscht oft „Kantönligeist“. Crossover zwischen Künsten, Oper, Theater, Konzert, „Bildender“ scheint vielfach noch ein Fremdwort zu sein.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 02.09.2017)

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