Amazon soll 250 Mio. an Steuern nachzahlen

(c) REUTERS
  • Drucken

Acht Jahre lang erlaubte Luxemburg es Amazon, drei Viertel seiner in der EU erzielten Gewinne steuerfrei in die USA zu schaffen. Die Kommission erklärte dies nun für illegal. Doch sie stößt an die Grenzen der Rechtsdurchsetzung.

Brüssel. Im Jahr 2003 gewährte Luxemburg dem amerikanischen Onlinehandelskonzern Amazon ein großzügiges Privileg: alle jährlich anfallenden konzerninternen Gebühren, welche eine Luxemburger Amazon-Firmenhülle ohne Büros, Mitarbeiter oder operative Tätigkeit an die Zentrale in Kalifornien bezahlt, um Amazons Software benutzen zu dürfen, sollten fortan steuerfrei sein. Einzig Amazon EU, eine ebenfalls im Großherzogtum ansässige Firma, über welche rund 500 Mitarbeiter das gesamte Europageschäft abwickelten, sei steuerpflichtig. Somit war ein diskreter Mechanismus zur Steuervermeidung eingerichtet, der es dem Silicon-Valley-Riesen acht Jahre lang ermöglichte, drei Viertel seiner in der Europäischen Union erzielten Gewinne brutto für netto in die USA zu transferieren. Denn die steuerbefreite Luxemburger Firmenhülle verrechnete ihre operativen Schwesternfirma hohe Preise dafür, die Software und sonstiges geistiges Eigentum von Amazon zu benutzen.

Vereinfacht gesagt: aus den Einkünften durch den Internethandel in Europa wurden mittels dieses Tricks und unter tätiger Mithilfe der Luxemburger Regierung, die damals vom heutigen Kommissionspräsidenten Jean-Claude Juncker geführt wurde (der in Personalunion auch Finanzminister war) steuerfreie Lizenzzahlungen innerhalb des Konzerngeflechts von Amazon.

Vor drei Jahren begannen die Wettbewerbsexperten der Kommission unter der dänischen Kommissarin Margrethe Vestager, dieses Arrangement unter die Lupe zu nehmen. Denn wenn etwas wie eine verbotene Staatsbeihilfe aussieht, ist es nicht selten tatsächlich eine solche – vor allem im Lichte der „LuxLeaks“-Enthüllungen. Sie zeigten, wie Luxemburg international tätigen Konzernen mehrere hundert solcher „Sweetheart-Deals“ anbot, um ihrer europäischen Konzernsitze ins Land zu holen.

Zumindest im Fall von Amazon muss damit nun Schluss sein, sagte Kommissarin Vestager am Mittwoch bei der Vorstellung der Ergebnisse ihrer Ermittlungen. „Dieses Abkommen ist nach unseren Regeln illegal.“ Vestager betonte dabei, dass sie keineswegs gezielt amerikanische Konzerne ins Visier nimmt, wie das in manchen US-Medien bisweilen dargestellt wird: „Es ist wichtig, dass alle Unternehmen in Europa auf gleicher Augenhöhe agieren.“

250 Millionen Euro hat Amazon sich nach Berechnungen der Kommission dank dieses Konstruktion erspart. Nach den Regeln des Beihilfenrechts der Union muss Luxemburg sie nun von dem Konzern zurückfordern. Doch genau hier liegt das Problem bei der Durchsetzung: wenn sich Luxemburg weigert, das Geld einzutreiben und zumindest bis zum Abschluss des Beihilfenverfahrens auf ein Sperrkonto zu hinterlegen, bleibt der Kommission nichts anderes übrig, als das Land vor den Gerichtshof der EU zu zitieren, um es dort zur Eintreibung von Steuern verurteilen zu lassen, die es nicht eintreiben will.

Irlands Milliarden-Geschenk an Apple

In welche grotesken Situationen das führen kann, zeigt die Entscheidung der Kommission, Irland vor das Gericht der EU zu bringen, weil es sich seit einem Jahr weigert, 13 Milliarden Euro an Unternehmenssteuern einzutreiben, die es über die Jahre hinweg dem Apple-Konzern zur Versüßung der Niederlassung in Dublin gewährt hatte. „Es ist es unerlässlich, dass Gewinne dort versteuert werden, wo sie erzielt werden“, plädierte Vestager erneut für eine Reform der Konzernbesteuerung. Einen Vorschlag hat die Kommission den Finanzministern bereits vorgelegt. Doch die entscheiden darüber in Einstimmigkeit – mit den Vertretern Luxemburgs und Irlands am Tisch.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 05.10.2017)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

EU Competition Commissioner Vestager holds a news conference in Brussels
Österreich

Amazon muss 250 Millionen Euro Steuern an Luxemburg nachzahlen

Der US-Internetkonzern Amazon soll nach dem Willen der EU-Kommission 250 Millionen Euro Steuern an Luxemburg nachzahlen. Auch im Fall von Apple in Irland macht Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager Druck
Zalando zählt zu den führenden Online-Händlern in Österreich
Österreich

Drei Anbieter dominieren den Onlinehandel in Österreich

Der Onlinehandel in Österreich wächst auf hohem Niveau. Die Top 3 stehen für 40 Prozent des Branchenumsatzes. In Europa werden mittlerweile jährlich 720 Millionen Sendungen verschickt.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.