Italien: Der Siegeszug des Silvio Berlusconi

Der frisch verjüngte Silvio Berlusconi (links) mit seinem sizilianischen Vertrauensmann, Nello Musumeci.
Der frisch verjüngte Silvio Berlusconi (links) mit seinem sizilianischen Vertrauensmann, Nello Musumeci. (c) REUTERS
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Bei der Regionalwahl auf Sizilien siegte der Kandidat des Mitte-rechts-Blocks – dank des Einsatzes Berlusconis. Das Votum ist ein wichtiger Stimmungstest vor der Parlamentswahl 2018.

Palermo/ Wien. Erst vor wenigen Tagen ließ sich Silvio Berlusconi in Palermo von jubelnden Fans mit diesem prophetischen Slogan feiern: „Und jetzt, jetzt singen wir alle gemeinsam: Was für ein Glück, dass wir unseren Silvio haben!“ Der Wahlkampfauftritt des chirurgisch frisch verjüngten 81-Jährigen („eine Mumie!“, hetzt Rivale Beppe Grillo) zeigte Wirkung: Berlusconis Kandidat, Nello Musumeci, siegte laut Hochrechnungen mit rund 39 Prozent der Stimmen bei der Regionalwahl auf Sizilien am Sonntag. Der rechtsnationale Ex-Europaparlamentarier eroberte somit die links regierte Insel für die Mitte-rechts-Allianz zurück.

Mit Musumeci (62) setzte der Cavaliere auf einen treuen Weggefährten: Er diente in der Regierung Berlusconi (2008–2011) als Staatssekretär für Arbeit. Schon 2012 kandidierte er für die Mitte-rechts-Allianz in Sizilien, damals ohne Erfolg. Diesen Sieg, so sind sich Kommentatoren einig, verdankte Musumeci dem Cavaliere. Der Ex-Regierungschef hatte intensivst im Wahlkampf mitgemischt, ebenso wie die meisten anderen Chefs der Großparteien. Denn beim Votum in Sizilien ging es um mehr als nur die Lokalregierung. Die Abstimmung galt als letzter und somit wichtiger Stimmungstest vor der Parlamentswahl im Frühling 2018.

Der Wahlkampf in der größten Region Italiens wurde als Plattform verwendet, um Bündnisse und Wahlstrategien auszuprobieren. So schmiedete der Medienzar eine Allianz mit der rechtspopulistischen Lega Nord und den rechtsnationalen Fratelli d'Italia. Dabei testete der frisch geliftete Berlusconi auch inhaltlich sein neues Image: Er präsentierte sich als moderater Pro-Europäer, versprach eine strikte Einwanderungspolitik, Steuererleichterungen, „Investitionen“ und Jobs für junge Sizilianer (57 Prozent haben keine Arbeit).

Das Euro- und Brüssel-Bashing, durch das der Multimilliardär in jüngerer Vergangenheit versucht hatte zu punkten, überließ er diesmal den Bündnispartnern. Wie bereits im Juni bei Kommunalwahlen in mehreren italienischen Städten überzeugte auch diesmal die neue Berlusconi-Version. Vergessen sind Korruptions-, Misswirtschafts- und Bunga-Bunga-Skandale aus der Vergangenheit oder auch die Tatsache, dass Berlusconi wegen Steuerdelikten eigentlich gar nicht kandidieren darf. Kein Problem hatten seine sizilianischen Wähler damit, dass die Staatsanwaltschaft gegen den Ex-Premier wieder wegen Mafia-Verbindungen ermittelt: Der Anwalt des Cavaliere hatte diese Vorwürfe als „boshafte Verleumdungen“ zurückgewiesen.

Debakel für Renzis Linke

Über das Resultat in Sizilien freut sich auch Grillos fundamentaloppositionelle Fünf-Sterne-Bewegung: Ihr Kandidat Giancarlo Cancelleri kam mit 35 Prozent auf Platz zwei. Komikerpolitiker Grillo persönlich hatte sich in Sizilien für ihn starkgemacht und mit würzigen Sprüche eine „saubere“ Politik ohne Mafia-Verstrickungen versprochen. Berlusconi – „der sieht ja aus wie Tutanchamun“ – ist für Grillo Prototyp des Mafia-Politikers.

Ein Debakel war die Wahl für die in Rom regierenden Linksdemokraten. Ihr Kandidat, Fabrizio Micari, schaffte es laut Hochrechnungen auf lediglich 18,9 Prozent der Stimmen. Der einst allseits gehypte Parteichef Matteo Renzi ist inzwischen bei den Wählern dermaßen unbeliebt, dass er sich als einziger Parteiboss in diesen Tagen auf Sizilien rar machte – um durch seine Präsenz nicht noch mehr Schaden anzurichten. Die Niederlage gilt als dunkles Omen für Renzi, der auf eine Rückkehr an die Macht im Frühling hoffte.

Während die Linke ihre Wunden leckt, pochen die Mitte-rechts-Parteien auf sofortige Neuwahlen. Allerdings sind die jüngsten Erfolge kein Garant für die Machtübernahme: Berlusconis Forza Italia wäre nur gemeinsam mit einem starken Alliierten regierungsfähig.

Und im Gegensatz zu Sizilien scheiterte bisher auf nationaler Ebene eine Zusammenarbeit zwischen Forza Italia und Lega Nord: Berlusconi und Lega-Chef Matteo Salvini misstrauen einander öffentlich. Da die „Grillini“ jegliche Koalition verweigern, bleibt als einzige Option ein Bündnis mit Renzi.

Auf einen Blick

Bei sizilianischen Regionalwahlen, zu denen am Sonntag 4,6 Millionen Wähler aufgerufen waren, zeichnete sich ein klarer Sieg des Mitte-rechts-Kandidaten Nello Musumeci ab, eines Vertrauensmanns von Ex-Premier Silvio Berlusconi. Für die in Rom regierenden Linksdemokraten endete die Wahl als Debakel. Das Votum ist ein wichtiger Stimmungstest vor der Parlamentswahl im Frühjahr.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 07.11.2017)

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