Pleite der Bitcoin-Börse Mt.Gox trifft Opfer mehrfach

AFP (TORU YAMANAKA)
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Opfer des bishser größten Bitcoin-Diebstahl müssen auf das ihnen zustehende Geld wohl noch mehrere Jahre warten.

Es ist bislang der mit Abstand größte Bitcoin-Diebstahl der Geschichte: Mt.Gox, der einst weltgrößten Börse für die Internet-Währung, kamen 650.000 Bitcoin abhanden. Sie schlitterte daraufhin Anfang 2014 in die Pleite. Die geschädigten Kunden der japanischen Handelsplattform schauen in die Röhre: Ihre entwendeten Bitcoin-Guthaben werden sie nicht zurückbekommen. Ihnen steht lediglich Schadenersatz zu, dessen Summe dramatisch geringer ist, als ihr Bitcoin-Konto inzwischen wert wäre. Denn die Ansprüche orientieren einem Gerichtsurteil zufolge sich am Bitcoin-Kurs zum Zeitpunkt der Mt.Gox-Pleite. Seitdem hat er sich fast verzwanzigfacht.

Zudem müssten die Opfer auf das ihnen zustehende Geld wohl noch mehrere Jahre warten, sagt Kim Nilsson, ein schwedischer Software-Entwickler. "Es handelt sich um eine juristische Grauzone." Nilsson verlor zwölf Bitcoin bei Mt.Gox. 2014 war das Guthaben knapp 6000 Dollar wert. Heute sind es 98.172 Dollar.

Ein japanisches Gericht setzte den Gesamtwert der Schadenersatzansprüche auf umgerechnet etwa 400 Millionen Dollar fest. Zahlreiche juristische Streitigkeiten zwischen Mt.Gox und früheren Geschäftspartnern sowie Investoren verhindern eine rasche Auszahlung. Dabei wäre mehr als genügend Geld vorhanden. Von den anfänglich verschwundenen 850.000 Bitcoin sind gut 200.000 wieder aufgetaucht. Der Wert allein dieses Guthabens beläuft sich auf 1,7 Milliarden Dollar. Hinzu kommen noch einmal jeweils die gleiche Anzahl von Bitcoin Cash und Bitcoin Gold im Gesamtvolumen von derzeit rund 250 Millionen Dollar.

Wachsende Insolvenzmasse

Japanischen Anwälten zufolge werden Überschüsse aus der Insolvenzmasse an die Eigner des Unternehmens ausgeschüttet - den französischen Software-Entwickler Mark Karpeles sowie den US-Programmierer Jed McCaleb, der einen Minderheitsanteil von zwölf Prozent hält. Die Mt.Gox-Geschädigten bringt das auf die Palme: "Wenn die Regierung das Geld einziehen würde, wäre das weniger abstoßend, als es Mark zu geben", sagt Aaron Gutman, ein Software-Entwickler, der 464 Bitcoin mit einem aktuellen Wert von 3,8 Millionen Dollar verlor. Karpeles und McCaleb betonen allerdings, dass sie Überschüsse aus der Mt.Gox-Insolvenz nicht wollen.

Unterdessen bemühen sich einige der Geschädigten, einen Gläubigerausschuss auf die Beine zu stellen. Dies ist in Japan allerdings selten und dem Gesetz zufolge müssen mehr als die Hälfte der Geprellten - also gut 12.000 Personen - hierfür ins Boot geholt werden. Nach Worten von Daniel Kelman, einem US-Anwalt aus Taiwan, dem 44,5 Bitcoin abhanden kamen, wird der Streit um Mt.Gox noch eine ganze Weile anhalten. "Die Leute werden für höhere Schadenersatzansprüche kämpfen. Ganz sicher." Nobuaki Kobayashi, Insolvenz-Verwalter der Bitcoin-Börse, wollte sich zum Stand des Verfahrens nicht äußern.

Mt.Gox startete 2010 als Tauschbörse für Sammelkarten. Im Jahr darauf übernahm Karpeles die Plattform und baute sie zum führenden Handelsplatz für die damals neue Krypto-Währung Bitcoin aus. Seinen Angaben zufolge hatte Mt.Gox auf dem Höhepunkt 1,1 Millionen aktive Kundendepots und wickelte 90 Prozent des weltweiten Bitcoin-Handels ab. Dies lockte immer wieder Hacker an, die dort zwischen 2011 und 2014 insgesamt mindestens 650.000 Bitcoin erbeuteten - aktueller Wert: 5,3 Milliarden Dollar. Insgesamt gingen bisher weltweit rund eine Million Bitcoin verloren.

Hackerangriffe auf Bitcoin & Co.

Seit Anfang 2017 hat sich der Kurs der Cyber-Währung vervielfacht. Fast täglich kommen neue Varianten dieser digitalen Zahlungsmittel, die aus Nullen und Einsen bestehen, hinzu. Deren Börsenwert beläuft sich der Webseite CoinMarketCap.com zufolge zusammengerechnet auf rund 240 Milliarden Dollar. Selbst Notenbanken tüfteln inzwischen an eigenen Versionen eines virtuellen Bargeld-Ersatzes.

Doch nicht erst der Hype der vergangenen Monate macht die Börsen, an denen Bitcoin & Co. gehandelt werden, zu einem beliebten Ziel von Hackern. Bei ihren Überfällen erbeuten sie manchmal Millionen und stürzen die Betreiber der Handelsplattformen oft in die Insolvenz. Bislang wurden insgesamt knapp eine Million Bitcoin gestohlen - zum aktuellen Kurs ist das eine Beute von 8,2 Milliarden Dollar.

Einer Studie von Tyler Moore zufolge, einem Professor für Cyber-Sicherheit an der Universität von Tulsa, wurden seit der Erfindung von Bitcoin 2009 ein Drittel aller Handelsplattformen für Krypto-Währungen gehackt. Nach Angaben der Datenschutz-Organisation Privacy Rights Clearinghouse lag die Quote bei US-Banken im gleichen Zeitraum bei einem Prozent.

Eine Übersicht ausgewählter Angriffe:

MT.GOX

Am bekanntesten ist die Attacke auf die damals weltgrößte Bitcoin-Börse Mt.Gox aus Japan. Etwa 25.000 Kunden verloren rund 650.000 Bitcoin - aktueller Wert: 5,3 Milliarden Dollar. Die Bitcoin-Börse über die seinerzeit 90 Prozent des weltweiten Handels abgewickelt wurde, schlitterte daraufhin Anfang 2014 in die Pleite. Der Insolvenz-Verwalter der Börse hat Ansprüche von Geschädigten im Volumen von 400 Millionen Dollar anerkannt.

TETHER

Das jüngste Hacking-Opfer ist Tether. Das Startup teilte am 21. November 2017 mit, "externe Angreifer" hätten die gleichnamige Kryptowährung im Volumen von 31 Millionen Dollar gestohlen. Dem Branchendienst CoinMarketCap.com zufolge ist Tether mit einem Börsenwert von insgesamt 674 Millionen Dollar die Nummer 19 der insgesamt etwa 1300 Internet-Währungen.

BITFINEX

Im August 2016 erbeuteten Hacker bei einem Angriff auf die Hongkonger Handelsplattform Bitfinex 120.000 Bitcoins im damaligen Wert von etwa 70 Millionen Dollar. Gemessen am aktuellen Kurs beläuft sich der Schaden auf 982 Millionen Dollar.

CRYPTSY

Im Juli 2017 wurde der Betreiber der kollabierten Börse Cryptsy dazu verurteilt, 8,2 Millionen Dollar an seine Kunden zu zahlen. Der Richter sah es als erwiesen an, dass 11.325 Bitcoin gestohlen wurden. Allerdings blieb unklar, von wem

KRAKEN

Am 7. Mai 2017 verloren Kunden der Handelsplattform Kraken einer Klageschrift zufolge fünf Millionen Dollar, weil sie während eines Hacker-Angriffs nicht auf ihre Konten zugreifen konnten. In dieser Zeit stürzte der Kurs der Internet-Währung Ether auf der Handelsplattform um 70 Prozent ab. Die Ether-Bestände derjenigen Anleger, die auf Pump spekuliert hatten, wurden daher zwangsverkauft.

Ermittlungen und Prozesse rund um Bitcoin & Co.

In Internet-Währungen wie Bitcoin oder Ethereum sehen einige Experten die Zukunft des Zahlungsverkehrs. Sie verweisen auf den Vorteil, Geld ohne den Umweg über eine Bank in sekundenschnelle von einem Ende der Welt ans andere zu schicken. Dadurch werden diese Krypto-Währungen aber auch für Kriminelle interessant. Nachfolgend eine Übersicht zu illegalen Machenschaften, für die Bitcoin & Co. benutzt wurden.

Oktober 2017 - Ein Software-Programmierer wird zu 16 Monaten Haft verurteilt. Er soll der illegalen Bitcoin-Börse Coin.mx dabei geholfen haben, ihre Aktivitäten zu verschleiern. Deren Betreiber Anthony Murgio war zuvor bereits zu fünfeinhalb Jahren Haft verurteilt worden. Dem Murgio-Urteil zufolge wurden über Coin.mx Lösegeld-Zahlungen für Hacker-Angriffe abgewickelt. Bei solchen Attacken sperrt eine Schad-Software den Zugang zur PC-Festplatte. Die Hacker fordern meist eine Zahlung in Bitcoin, um die Daten wieder freizugeben. Im Frühsommer 2017 legten ähnliche Programme "WannaCry" und "Petya" die Rechner zahlreicher Großkonzerne lahm.

Oktober 2017 - Der russische Staatsbürger Alexander Winnik klagt gegen seine Auslieferung an die USA durch Griechenland. Die US-Behörden werfen ihm vor, der Kopf eines Geldwäscherrings zu sein, der mit Hilfe von Bitcoin vier Milliarden Dollar verschoben hat. Winnik bestreitet dies. Er war während eines Urlaubs in Griechenland verhaftet worden. US-Ermittler verdächtigen Winnik zudem, beim Zusammenbruch der damals weltgrößten Bitcoin-Börse Mt.Gox 2014 die Finger im Spiel gehabt zu haben.

Juli 2017 - Das US-Justizministerium schließt mit internationaler Mithilfe AlphaBay. Die Webseite galt als größter Online-Marktplatz im sogenannten Darkweb. In dem schwer kontrollierbaren Netz sollen täglich Drogen, Waffen und Hacker-Software im Volumen von mehreren hunderttausend Dollar den Besitzer gewechselt haben. Im Rahmen der Razzien wird der mutmaßliche Gründer von AlphaBay, der Kanadier Alexandre Cazes, in Thailand verhaftet. Dem FBI zufolge war AlphaBay zehn Mal so groß wie Silk Road, ein 2013 geschlossener Online-Schwarzmarkt.

Juli 2017 - Der Chef der 2014 zusammengebrochenen japanischen Bitcoin-Börse Mt. Gox plädiert im Prozess um angebliche Veruntreuung auf nicht schuldig. Die Behörden werfen dem Franzosen Mark Karpeles vor, umgerechnet 2,6 Millionen Euro an Kundengeldern auf sein persönliches Konto transferiert zu haben. Außerdem habe er Umsätze auf seinem Mt.Gox-Konto fingiert. Die damals weltgrößte Bitcoin-Börse war nach dem Verlust von 650.000 Bitcoin in die Insolvenz geschlittert.

März 2017 - Behörden verhaften einen Teenager unter dem Vorwurf fingierter Bombendrohungen gegen zahlreiche jüdische Einrichtungen. Strafverfolger aus den USA und Israel werfen dem 18-Jährigen vor, seine Dienste im Darknet angeboten und damit etwa 240.000 Dollar in Bitcoin verdient zu haben.

November 2016 - Einem Zeitungsbericht zufolge wurden Kunden der Liechtensteiner Valartis-Bank erpresst. Sie sollten zehn Prozent ihres Guthaben in Bitcoin Zahlen, sonst würden Daten an Finanzbehörden und Medien weitergeleitet. Zuvor hatten sich Hacker Zugang zu den Systemen des Geldhauses verschafft.

(Reuters)

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