Bayern: Seehofer tritt ab - und räumt seinem Rivalen das Feld

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Nach neun Jahren sind die Tage von Horst Seehofer als bayrischer Ministerpräsident gezählt. Die CSU schlägt den bei Seehofer verhassten Finanzminister Markus Söder als Nachfolger vor.

Er ist der Gewinner der turbulenten Wochen in der bayrischen CSU: Markus Söder. Die Schwesternpartei der CDU und Kanzlerin Angela Markel will mit einer Doppelspitze aus Söder als Ministerpräsident und Horst Seehofer als Parteichef in den bayerischen Landtagswahlkampf im kommenden Jahr ziehen. Seehofer habe seinen Rücktritt als Ministerpräsident im Frühjahr 2018 angekündigt, sagte Fraktionschef Thomas Kreuzer am Montag nach einer Sitzung der Abgeordneten mit dem 68-Jährigen in München.

Die Fraktion habe sich in einer Empfehlung einstimmig für Söder als neuen Regierungschef und Spitzenkandidaten für die Landtagswahl ausgesprochen. Die Wahl des Spitzenkandidaten und des Parteivorsitzenden obliegt dem Parteitag Mitte Dezember. Einen neuen Ministerpräsidenten kann die Fraktion mit ihrer absoluten Mehrheit wählen, sobald Seehofer zurücktritt.

Söder rief die Partei zur Geschlossenheit auf und kündigte bei einem gemeinsamen Auftritt mit Kreuzer eine enge Zusammenarbeit mit seinem Rivalen Seehofer an. Dieser führt die CSU und Bayern seit neun Jahren und hat bisher seine Abneigung gegen Söder kaum verborgen. Wiederholt machte Seehofer in der Vergangenheit deutlich, dass er den 50-Jährigen nicht als geeigneten Nachfolger ansieht.

CSU bangt bei Landtag um absolute Mehrheit

Söder bezeichnete die Auseinandersetzung mit der AfD als politischem Konkurrenten von rechts als gemeinsame Herausforderung. "Deswegen kommt es jetzt darauf an, vor der Geschichte zu bestehen", sagte Söder. "Dazu ist es wichtig, dass die Stärksten eng zusammenarbeiten." Die CSU bangt um ihre absolute Mehrheit im Landtag, die bei einem erstmaligen Einzug der AfD besonders bedroht wäre. In Umfragen war die CSU zuletzt auf 37 Prozent abgerutscht.

Seehofer äußerte sich zunächst nicht öffentlich. Er wollte zunächst vor dem Parteivorstand sprechen, der ebenfalls am Montag tagt, und anschließend vor die Presse treten. Kreuzer sagte, Seehofer und Söder hätten von den Abgeordneten großen Applaus erhalten.

Innenminister Joachim Herrmann, der als möglicher Gegenkandidat Söders gehandelt worden war, habe sich nicht um die Spitzenkandidatur beworben, sagte Kreuzer. Herrmann habe zudem erklärt, dass er keine politische Karriere im Bund mehr anstrebe, sondern Innenminister in München bleiben werde. Der 61-jährige Seehofer-Vertraute war CSU-Spitzenkandidat bei der Bundestagswahl und Anwärter auf das Amt des Bundesinnenministers. Er verpasste allerdings den Einzug in den Bundestag, weil er nur einen Listenplatz hatte und die CSU die ihr zustehende Anzahl an Sitzen bereits mit den direkt gewählten Abgeordneten ausschöpfte.

Seehofer nach schlechtem Wahlergebnis unter Druck

Seehofer war in der CSU unter Druck geraten, als die Partei bei der Bundestagswahl im September mit 38,8 Prozent in Bayern ihr schlechtestes Wahlergebnis seit Jahrzehnten einfuhr. Während der CSU-Vorsitzende in Berlin mit den Chefs von CDU. FDP und Grünen die Chancen einer Jamaika-Koalition sondierte, eskalierte der Machtkampf in Bayern. Vor allem in der Landtagsfraktion waren Forderungen nach einem Rückzug Seehofers zumindest als Ministerpräsident laut geworden. Unter den 101 Abgeordneten genießt Söder traditionell starken Rückhalt.

(APA/Reuters)

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