Der US-Comedian Aziz Ansari wird von einer Frau beschuldigt, bei einem Date ihr deutliches Nein nicht akzeptiert zu haben.
Kaum ein Tag vergeht in Hollywood, an dem nicht ein neuer Fall von Belästigung oder sexueller Nötigung durch einen Prominenten bekannt wird. Vergangene Woche ging es zuerst um James Franco – Schauspielschülerinnen hatten ihn beschuldigt, ein „unsachgemäßes, ausbeuterisches Umfeld“ in seiner Schauspielschule etabliert zu haben; dann beklagten am Samstag Dutzende männliche Models, dass sexuelle Übergriffe bei den Starfotografen Mario Testino und Bruce Weber jahrzehntelang gang und gäbe waren. Am Sonntag schließlich wurde der 23-jährige US-amerikanische Schauspieler Aziz Ansari von einer Frau beschuldigt, bei einem gemeinsamen Date nicht auf ihr deutliches Nein reagiert zu haben.
So unterschiedlich die Fälle sind, so unterschiedlich fallen auch die Reaktionen aus. Im Fall von Aziz Ansari, dem Hauptdarsteller und Erfinder der Migranten-Comedy „Master of None“ (Netflix), regt sich zwar kein Zweifel an der Darstellung der anonymen Frau, aber es wird diskutiert, ob ihr Vorbringen für die Öffentlichkeit relevant ist.
Ansari und die gleichaltrige Frau waren im Jahr 2017 miteinander ausgegangen und nach einem Abendessen in Ansaris Wohnung gelandet, wo sie später auch sexuell intim wurden. Dem Onlinemagazin „Babe“ erzählte die Frau jetzt, sie habe Ansari mehrmals zu verstehen gegeben, dass sie sich unwohl fühle, wenn er sie an gewissen Körperstellen berühre oder ihre Hand zu seinen Genitalien führe. Erst am nächsten Tag habe sie sich getraut, ihren Unmut in einigen SMS an ihn zu äußern, die „Babe“ vorliegen. In den Nachrichten schrieb sie ihm, er habe „klare verbale und nonverbale Hinweise“ von ihr ignoriert. Dem Magazin sagte sie, es sei „die schlimmste Erfahrung mit einem Mann“ gewesen, die sie je hatte.
Der Schauspieler reagierte umgehend auf den Vorwurf. Für ihn habe es sich nach „komplett einvernehmlichem“ Sex mit der Frau angefühlt. Ihre Nachricht, dass der Abend für sie unangenehm gewesen sei, habe ihn „überrascht“, und er habe sich umgehend dafür entschuldigt. „Clearly I misread things in the moment, and I'm truly sorry“, heißt es in seiner Antwort-SMS.
Der Fall regt auf, etwa die Autorin Caitlin Flanagan. Im „Atlantic“ schrieb sie noch am Sonntag einen wütenden Kommentar. Anschuldigungen wie diese würden beweisen, „dass Frauen wütend, bisweilen mächtig und sehr sehr gefährlich“ seien. Die vorliegende Situation könne nicht mit Missbrauch oder Vergewaltigung gleichgesetzt werden, habe aber das Potenzial, Ansaris Karriere zu zerstören. „Ich dachte, es würde noch etwas dauern, bis privilegierte, weiße Frauen das Feuer auf dunkelhäutige Männer eröffnen.“ Für diesen Satz wird nun wieder Caitlin kritisiert. Weder sei klar, ob die anonyme Frau weiß war, noch ob nicht Ansari seine Prominenz als Privileg ausgenutzt habe. (awa)
("Die Presse", Print-Ausgabe, 16.01.2018)