In der Affäre rund um Tierversuche, die deutsche Autobauer in Auftrag gegeben haben, zieht Volkswagen Konsequenzen: Der Generalbevollmächtigte Thomas Steg muss gehen.
Wolfsburg/Hamburg. Wegen des Skandals um fragwürdige Abgastests muss der Cheflobbyist von Volkswagen den Hut nehmen. Thomas Steg, früher Vize-Regierungssprecher und bei den Wolfsburgern für Außenbeziehungen und Nachhaltigkeit zuständig, werde bis zur vollständigen Aufklärung der Vorgänge von seinen Aufgaben entbunden, teilte der Konzern am Dienstag mit.
VW zieht damit erste Konsequenzen aus der Affäre um Tierversuche im Auftrag eines von den deutschen Autobauern gegründeten Forschungsvereins, die die Unschädlichkeit von Dieselabgasen zeigen sollten. In der Branche, die nach dem Skandal um manipulierte Dieselmotoren und Kartellvorwürfen erneut am Pranger steht, schrillen die Alarmglocken.
„Einfach schockierend“
„Niemand, der der Autoindustrie bewusst schaden will, könnte so viel Schaden anrichten, wie die es selbst machen“, sagte die deutsche Umweltministerin Barbara Hendricks (SPD) nach einem Treffen mit EU-Umweltkommissar Karmenu Vella in Brüssel zur Abgasbelastung in deutschen Städten. Justizminister Heiko Maas (SPD) sagte der „Passauer Neuen Presse“: „Was da berichtet wird, ist einfach schockierend.“
Der Vorstand des Branchenverbands VDA wollte Insidern zufolge am Nachmittag auf einer Sitzung diskutieren, wie der Vertrauensverlust wieder rückgängig gemacht werden kann. Bei Volkswagen will sich das Präsidium des Aufsichtsrats nächste Woche über den Stand der Untersuchungen wegen der Abgastests informieren lassen. „Wir werden sicherstellen, dass sich derartige Vorgänge nicht wiederholen“, kündigte Aufsichtsratschef Hans Dieter Pötsch an. Konzernbetriebsratschef Bernd Osterloh, der dem Gremium angehört, forderte eine vollständige Aufklärung: „Anscheinend ist einigen bei Volkswagen der ethische und moralische Kompass abhandengekommen.“
Konzernchef Matthias Müller nannte Versuche an Affen „unethisch und abstoßend“ und entschuldigte sich. „Mit Interessenvertretung oder wissenschaftlicher Aufklärung hatte das nichts, gar nichts zu tun“, sagte er am Montagabend in Brüssel.
Autohersteller in der Defensive
Der Vorfall mache zudem deutlich, dass noch ein langer Weg vor der Branche liege, um Vertrauen zurückzugewinnen. „Es gibt Dinge, die tut man schlicht nicht. Punkt“, sagte Müller, der den Konzern seit Bekanntwerden des Dieselskandals vor fast zweieinhalb Jahren führt. Bosch-Chef Volkmar Denner befürchtet einen „erheblichen Rückschlag“ im Kampf um die Zukunft des Diesels.
Die Autohersteller sind in der Defensive, seit am Wochenende die Affentests bekannt wurden. Der von VW, Daimler und BMW finanzierte Lobbyverein EUGT wollte 2014 offenbar nachweisen, dass Dieselabgase weit weniger gefährlich sind als von der Weltgesundheitsorganisation WHO festgestellt. Dafür mussten Affen mehrere Stunden lang die Abgase eines VW Beetle einatmen. „Wir sind dabei, die Arbeit der 2017 aufgelösten EUGT genau zu untersuchen und alle nötigen Konsequenzen daraus zu ziehen“, so Müller. (ag.)
("Die Presse", Print-Ausgabe, 31.01.2018)