Experte: "Der Staat ist kein Hehler"

 Ein Flaggenwerfer wirft am 12. Aug. 2007 in Grindelwald eine Schweizer Fahne in die Luft.
Ein Flaggenwerfer wirft am 12. Aug. 2007 in Grindelwald eine Schweizer Fahne in die Luft. (c) AP (Peter Klaunzer)
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Die Schweiz wirft Deutschland vor im Fall eines Ankaufs der umstrittenen Steuerdaten als "Hehler" zu agieren. Ein Rechtsexperte der "Süddeutschen Zeitung" widerspricht: Von Hehlerei könne keine Rede sein.

Aus der Schweiz wird der Vorwurf laut, der deutsche Staat sei, wenn er die Steuerdaten ankauft, ein Hehler. Heribert Prantl, Innenpolitik-Chef und Rechtsexperte der "Süddeutschen Zeitung" versucht zu klären, ob das stimmt. Hier eine Zusammenfassung seiner Schlüsse.

Datendiebstahl?

Bislang ist nicht bekannt, wie der Informant - der sein Wissen an die deutschen Behörden verkaufen will - an die Daten gelangt ist. Prantl führt aus: Jedenfalls nicht im Wege des Diebstahls.

Seine Begründung: Daten sind keine "Sache", die im Sinn des einschlägigen Paragrafen gestohlen werden können. Allenfalls könne es sich um "unbefugte Verwertung oder Mitteilung eines unbefugt verschafften Geheimnisses" nach Paragraf 17 Absatz 2 des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb handeln.

Hehlerei?

Auch Hehlerei ist nach dem Wortlaut des Gesetzes beschränkt auf Sachen - also auf körperliche Gegenstände. Bankdaten fehlt aber die Körperlichkeit. Der Staat kann demnach kein Hehler sein, wenn er die Daten kauft.

In Frage kommt eine strafbare "Begünstigung" des Datenausspähers. Aber was wiegt schwerer: die Begünstigung eines Täters, der dafür sorgt, dass illegale Geheimnisse auffliegen? Oder die Begünstigung von Hunderten von Steuerkriminellen, wenn der Staat auf die Daten des Informanten nicht zugreift?

Intims- oder Geschäftssphäre?

Das deutsche Bundesverfassunsgericht hat laut Prantl eine "Dreisphären-Theorie" aufgestellt:

  • Am stärksten geschützt ist die Intimsphäre,
  • etwas schwächer die Privatsphäre,
  • dann folgt die Geschäftssphäre.

Beim staatlichen Eingriff in die Geschäftssphäre wiegt das Strafverfolgungsinteresse am stärksten. Es sei zwar verständlich, wenn Steuerhinterzieher ihre Auslandsgelder als Teil ihrer Intimsphäre darstellen wollen - rechtens sei das nicht, sagt Prantl.

Prantls Schluss: Einem Ankauf und einer Verwertung der Daten im Strafverfahren stehen entscheidende rechtliche Bedenken nicht entgegen.

(Red.)

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