Zuma tritt zurück: Das Ende des südafrikanischen Albtraums

Jacob Zuma.
Jacob Zuma. (c) REUTERS (Mike Hutchings)
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Präsident Jacob Zuma widersetzte sich der eigenen Partei lange und lehnte einen Rücktritt ab. Nun endet seine Präsidentschaft - trotz dreister Drohungen des Politikers. Sein Stellvertreter Cyril Ramaphosa übernimmt die Amtsgeschäfte.

Am Ende stellte sich Jacob Zuma, die Person, die wohl den größten politischen Schaden in der demokratischen Geschichte Südafrikas angerichtet hat, als Opfer dar. Seine Partei, der African National Congress (ANC), habe keine Gründe für die verzweifelten Bemühungen der vergangenen Wochen geliefert, ihn aus dem Amt zu drängen, während er lediglich versucht habe, sein von der Verfassung zugesprochenes Mandat bis Mai 2019 zu erfüllen. Gleichzeitig feiere „der Unterdrücker von gestern, wie wir uns gegenseitig lynchen“ – gemeint waren, wie so oft während seiner neunjährigen Präsidentschaft, die Weißen.

Doch am Ende blieb ihm keine Wahl. Zuma schloss seinen fast halbstündigen Monolog mit seiner Rücktrittserklärung. „Der ANC soll niemals in meinem Namen gespalten sein“, sagte er, „ich bin deshalb zu der Entscheidung gekommen, mit sofortiger Wirkung zurückzutreten.“ Er stimme nicht mit der neuen ANC-Führung um Parteipräsident Cyril Ramaphosa überein, „aber ich war immer ein diszipliniertes Parteimitglied.“

Damit kam er der Blamage zuvor, am Donnerstag im Parlament sowohl von den meisten ANC-Abgeordneten als auch der geschlossenen Opposition per Misstrauensvotum aus dem Amt gewählt zu werden. Nun übernimmt sein bisheriger Stellvertreter Cyril Ramaphosa die Regierungsgeschäfte. Der 65-Jährige amtiert zunächst nur kommissarisch, soll aber schon am Freitag im Parlament in Kapstadt als neuer Staatschef vereidigt werden. Ramaphosa, der als Unternehmer ein Millionenvermögen angehäuft hat, steht im Ruf, ein pragmatischer Managertyp zu sein.

Bis zum Schluss hatte Zuma gepokert. Noch am Nachmittag hatte er in einem Interview mit dem Staatssender SABC nebulöse Drohungen von sich gegeben.

Letzte Drohungen vor dem Abgang

Die Bemühungen, ihn aus dem Amt zu heben, sorge für gewaltsame Zusammenstöße zwischen ANC-Mitgliedern, behauptete er. Eine Lüge: Zuma spielte auf eine Auseinandersetzung zwischen vereinzelten ANC-Anhängern und einer anderen Partei an. Unverblümt drohte er auch für Konsequenzen Südafrikas für die internationalen Beziehungen, wie in den von China angeführten BRICS oder der Afrikanische Union (AU). „Einige Präsidenten sind meine Kollegen, meine Freunde“, sagte Zuma.

Noch zur abendlichen Verlautbarung erschien er 34 Minuten zu spät, wie ein Fußballteam, das bei einem 0:8-Rückstand noch auf die Nachspielzeit hofft. Vergeblich. Zuma sprach im Rückblick auf seine Präsidentschaft von „menschlichen Fehlern“. Allerdings könne „niemand von uns behaupten, den Aufbau einer neuen Gesellschaft und den Umbau einer Befreiungsorganisation zur modernen politischen Partei auf geradem Wege zu erreichen“. Mit anderen Worten: Keiner hätte es besser gemacht als der 75-Jährige.

Das ist allein angesichts der Fernsehbilder vom Mittwochmorgen eine gewagte Behauptung. Sie zeigten eine Razzia der Sonderermittlungseinheit für organisiertes Verbrechen, den „Hawks“, in einem Johannesburger Haus. Es gehört der indisch-stämmigen Gupta-Familie, die Einfluss auf die Besetzung von Ministerposten nahm und die Staatskassen im großen Stil geplündert hat. Ein Gupta-Bruder wurde verhaftet, nach Angaben der Zeitung „City Press“ liege auch gegen Duduzane Zuma ein Haftbefehl vor.

Zumas Sohn ist in Skandale verwickelt

Der Sohn von Jacob Zuma ist in das Firmengeflecht der Familie eng eingebunden – und in die Skandale. Im Visier der Ermittler sind mehrere Geschäfte, im konkreten Fall lautet der Vorwurf aber auf Veruntreuung, Geldwäsche und Korruption von umgerechnet über 13 Millionen Euro Steuergelder. Sie waren für eine Milchfarm vorgesehen, die unter anderem verarmten Milchfarmer der Gegend eine Existenzgrundlage geben sollten. Nur ein Bruchteil des Geldes kam an.

Jacob Zuma dürfte die Nachrichtenlage nervös verfolgt haben angesichts des offenkundigen Beweises, dass ihm die Kontrolle über die Ermittlungsbehörden entronnen ist. Das bedeutet angesichts der erdrückenden Indizienlage aller Voraussicht nach, dass bald gegen ihn selbst Ermittlungen aufgenommen werden. Zuletzt war es einsam um ihn geworden. Einst loyale Minister haben sich gegen ihn ausgesprochen, auch die ANC-Frauenliga, die ihn lange grotesk verteidigt hatte.

ANC muss Scherbenhaufen zusammenkehren

Vorerst vermied der ANC mit Zumas Rücktritt die völlige Blamage. In einer eilig vorgetragenen Erklärung würdigte die stellvertretende Generalsekretärin der Partei, Jessie Duarte, die „außerordentlichen Verdienste“ des abgetretenen Präsidenten. Während seiner Amtszeit habe er Infrastrukturprojekte angestoßen und mit Reformen im Gesundheitswesen dazu beigetragen, die Lebenserwartung in Südafrika zu erhöhen, sagte Duarte. Er habe sein Leben dem ANC gewidmet. Was sie nicht sagte: Hätte sich Zuma weiter der Parteiorder widersetzt, wären auch intern die Rufe nach einem Parteiausschluss unüberhörbar gewesen.

So bekommt die neue Administration die Chance, Zumas Scherbenhaufen zusammenkehren. Spätestens am Freitag wird Cyril Ramaphosa, der neue starke Mann in Südafrika, dann die zuletzt wegen des Machtkampfes verschobene Rede zur Lage der Nation halten. Es ist der Beginn einer kolossalen Aufgabe.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 15.02.2018)

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