Kurz, Strache verordnen Nulldefizit

 Bundeskanzler Kurz (re.) und Vizekanzler Strache ordnen ihren Ministern weitere Einsparungen an.
Bundeskanzler Kurz (re.) und Vizekanzler Strache ordnen ihren Ministern weitere Einsparungen an.(c) APA/HERBERT NEUBAUER
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Am Ende des Jahres 2019 soll im Staatshaushalt erstmals seit den 1950er-Jahren eine echte schwarze Null stehen. Dafür plant die Regierung noch weitere Einschnitte im Budget.

Wien. Angeblich war es auch für viele Minister eine Überraschung, was Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) und Vizekanzler Heinz-Christian Strache (FPÖ) gestern in einem exklusiven Gespräch mit der Austria Presse Agentur und dem ORF verkündeten: In Österreich soll es 2019 ein Nulldefizit geben. Und zwar ein echtes – also ein administratives –, nicht nur ein strukturelles. Das letzte Mal, als Österreich das schaffte, war im Jahr 1954 (unter Schüssel-Grasser gab es nur ein strukturelles Nulldefizit).

Der Unterschied zwischen administrativem und strukturellem Nulldefizit ist ein rechnerischer. Bei einem strukturellen Defizit werden verschiedene Belastungen herausgerechnet – etwa die Zahlungen für die Banken oder die Aufwendungen für die Flüchtlinge.

Kurz und Strache möchten, dass der Bund auch inklusive dieser Sonderbelastungen am Ende des Jahres 2019 ausgeglichen bilanziert. „Man kann nicht mehr ausgeben, als man hat, das weiß jede Hausfrau“, erklärte Strache laut einer Agenturmeldung. Kurz meinte, Ziel müsse ein schlanker Staat sein, damit „wir die Steuerlast senken können“.

Wie genau man das Ziel erreichen will, erklärten Kurz und Strache den zwei Medien nicht. Die Regierungsspitze sprach nur sehr allgemein davon, dass es Budgetdisziplin geben müsse, „insbesondere mit sparen in der Verwaltung und der Bürokratie, auch durch eine Aufgabenreform“.

Im Finanzministerium konnte man gestern nicht erklären, welcher zusätzliche Sparbedarf durch die Nulldefizit-Ansage entsteht. Wie berichtet, haben die Ministerien diese Woche ihre Sparpläne für die kommenden zwei Jahre im Finanzministerium präsentiert. Insgesamt umfassen diese Einsparungen 2,5 Milliarden Euro.

Viel Geld will man etwa beim Förderbudget des Arbeitsmarktservice sparen. Allein das Auslaufen der Aktion 20.000 für ältere Langzeitarbeitslose, das die Regierung Anfang Jänner beschlossen hat, bringt fast 400 Millionen Euro. Weitere 200 Millionen Euro will man unter anderem durch Einsparungen bei der Flüchtlingsförderung hereinbringen, die freilich zum Teil schon unter Finanzminister Hans Jörg Schelling geplant worden waren. Mit den Maßnahmen erreicht man nach Planungen des Finanzministeriums heuer ein strukturelles Defizit von 0,5 Prozent. Finanzminister Hartwig Löger (ÖVP) hatte Ende Dezember in Interviews unter anderem mit der „Presse“ erklärt, dass er „bei hohem Wachstum, einem strikten Budgetvollzug und einem strikten Sparkurs einen ausgeglichenen Haushalt in frühestens zwei oder drei Jahren für machbar“ halte.

Dass er nun diesen ausgeglichenen Haushalt bereits im kommenden Jahr erreichen muss, bedeute „eine zusätzliche Kraftanstrengung“, erklärte man im Finanzministerium. Bei den noch anstehenden Budgetgesprächen mit den verschiedenen Ministerien müsse man nach der Ansage der Regierungsspitze „den Druck noch einmal ordentlich erhöhen“.

Eine klare Antwort auf die Frage, ob das Finanzressort seit Beginn der Budgetverhandlungen mit einem administrativen Nulldefizit für 2019 geplant hat, gab es gestern in der Himmelpfortgasse nicht. Die Ansage sei aber „eine klare Zielvorgabe“.

Schuldenquote sinkt

Beim Erreichen eines Nulldefizits helfen der Regierung auch die konjunkturelle Lage und die niedrigen Zinsen, die auch einen anderen Effekt haben werden: Laut Berechnungen des Wirtschaftsforschungsinstituts erreicht Österreich auch ohne jegliche Einsparungen 2022 eine Schuldenquote von 64 Prozent. Aktuell liegt sie bei etwa 84 Prozent.

Die Budgetziele seien „ambitioniert“, meinte Bundeskanzler Sebastian Kurz. Man wolle sich dadurch aber Spielraum für die Steuerentlastungen schaffen. FPÖ-Strache sprach laut Aussendung von einem „Pyramidenspielbudget“, das es unter SPÖ-Kanzlern gegeben habe. (APA/rie)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 28.02.2018)

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