Die Rehabilitation des Weizens

Weizen
Weizen(c) Clemens Fabry
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Slow-Food-Wien-Chefin Barbara van Melle lädt am Samstag zum dritten Brotfestival.

Craft Bier hat ein eigenes Festival, Kaffee ohnehin und Wein ist längst als Kulturgut anerkannt. Nur beim Brot hat es ein bisschen gedauert. Das werde nicht gelingen, hörte Slow-Food-Wien-Chefin Barbara van Melle vor drei Jahren oft, als sie von der Idee eines eigenen Brotfestivals sprach. Es waren an die 5000 Leute bei der Premiere, die sich brav anstellten, um genauer zu erfahren, was es denn mit wirklich gutem Brot auf sich hat. Kommenden Samstag lädt Barbara van Melle – die vor Kurzem mit Bäckermeister Simon Wöckl das Brotbackatelier Kruste & Krume eröffnete (in dem auch Dietmar Kappl Kurse leitet, siehe oben) – zum dritten Brotfestival in Wien.

Mittlerweile ist das Brotfestival von der einstigen Markterei in den Kursalon übersiedelt. Heuer wird auch erstmals Eintritt verlangt (im Vorverkauf zehn Euro, www.krusteundkrume.at).

Und heuer sind unter den insgesamt 34 Bäckern auch erstmals internationale Bäcker zu Gast, etwa aus dem Piemont oder Bratislava. Van Melle hat nicht nur unter den Konsumenten enormes Interesse am Brotbacken festgestellt, auch die Bäcker nehmen diese Form der Vernetzung gerne auf.

Wie beim Weinskandal

Ich vergleich das gerne mit dem Glykolwein-Skandal 1986. Davor haben sich die Winzer auch nicht untereinander gekannt. Jetzt ist das anders.“ Auch bei den Bäckern fördert die Vernetzung den Wettbewerb und führe zu Produktentwicklungen und Innovationen. „Das bringt sie dazu, sich weiterzuentwickeln. Die, die neue Produkte haben, mit einer individuellen Geschichte dahinter, sind immer am schnellsten ausverkauft.“

Auch den Mühlen wird heuer beim Brotfestival besonders viel Platz eingeräumt. Die Feinheiten und Nuancen beim Mehl – vom Getreide über die Region bis hin zum Jahrgang – ist eigentlich nur der logische nächste Schritt.

Dass jene Menschen, die zuhause ihr eigenes Brot backen, als Kunden für Bäcker verloren gehen, sieht auch van Melle nicht. „Genau die kaufen das gute Brot. Nur ein kleiner Prozentsatz bäckt immer sein eigenes Brot.“

Den derzeit omnipräsenten Ruf nach Glutenfreiheit, selbst bei Menschen ohne Unverträglichkeit, hat van Melle ebenso beobachtet. „Das ist eine Geschichte der Industrie und eigentlich eine Geschichte der Volksverdummung.“ Es brauche noch ganz viel Aufklärung – vor allem, was den Weizen betrifft. „Uns liegt viel an der Rehabilitation des Weizens. Der Weizen hat uns gar nichts angetan, wir haben dem Weizen viel angetan“, sagt sie in Hinblick auf hochgezüchtete Sorten.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 04.03.2018)

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