Infrastruktur: Streit über Straße und Schiene

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Finanzstaatssekretär Lopatka will einen „Deckel“ bei Ausgaben für den Ausbau der Infrastruktur. Infrastrukturministerin Bures verweist auf gültige Vereinbarungen.

Wien (jaz).Der forcierte Ausbau des Straßen- und Schienennetzes ist eine der groß gefeierten Aktivitäten der Regierung gegen die Wirtschaftskrise. So kündigte die zuständige Infrastrukturministerin, Doris Bures (SPÖ), im März des Vorjahres an, dass zwischen 2009 und 2014 dafür 22,5 Mrd. Euro ausgegeben werden sollen. „Um 3,6 Mrd. Euro mehr, als bisher für diesen Zeitraum geplant war“, meinte die Ministerin bei der feierlichen Vorstellung des Programms stolz. Das dafür notwendige Geld muss zum Großteil von Asfinag und ÖBB am Kapitalmarkt aufgenommen werden, der Bund haftet dafür. Der Schuldenstand der beiden Unternehmen von 27,2 Mrd. Euro per Ende 2008 wird daher künftig drastisch ansteigen.

Finanzstaatssekretär Reinhold Lopatka (ÖVP) stellt daher nun das Ausbauprogramm in Frage. Er will eine Obergrenze bei den jährlichen Ausgaben einziehen. „Konkrete Überlegungen“ gebe es noch nicht, heißt es im Büro Lopatkas. „Bei diesen Schulden muss man jedoch überlegen, ob eine solche Maßnahme nicht sinnvoll wäre.“

„Nachhilfestunde für Lopatka“

Bures reagierte auf das Ansinnen des ÖVP-Staatssekretärs am Montag gereizt. „Über das Ausbauprogramm gibt es gültige Vereinbarungen zwischen dem Infrastruktur- und dem Finanzministerium. Es ist daher höchste Zeit, dass Finanzminister Josef Pröll (ÖVP) seinem Staatssekretär einmal Nachhilfe gibt, wie die Finanzierung der beiden Unternehmen aussieht“, meinte sie am Rande einer Pressekonferenz. Man könne angesichts der angespannten Situation jedoch überlegen, „ob man einzelne Projekte nicht nach hinten verschiebt oder über mehrere Jahre streckt“.

Das Verkehrsministerium hat dafür bereits seit Längerem eine eigene Arbeitsgruppe eingesetzt, die die Ausbaupläne nach entsprechenden Verschiebungsmöglichkeiten durchforstet. Betroffen sind vor allem die Straßenprojekte der Asfinag. Diese soll mittels der Mauteinnahmen die Kosten des Ausbauprogramms selbst zurückzahlen. Wegen der Krise brach jedoch europaweit der Lkw-Verkehr ein, die Asfinag muss 2009 einen Rückgang der Mauteinnahmen in Höhe von rund 130 Mio. Euro hinnehmen. Allerdings will das Verkehrsministerium noch nicht über das Thema sprechen, solange es keine konkreten Ergebnisse gibt. So soll Unruhe in den Bundesländern mit geplanten Straßenprojekten verhindert werden.

Der Ausbau der ÖBB-Infrastruktur wird zur Zeit nicht infrage gestellt. Da bei diesem die Schulden zu 70Prozent ohnehin vom Bund zurückgezahlt werden, hält sich der direkte Einfluss der Krise in Grenzen. In den nächsten Jahrzehnten werden diese Rückzahlungen das Budget jedoch ordentlich belasten. Ab Mitte dieses Jahrzehnts bis etwa 2050 werden die Steuerzahler demnach über eine Mrd. Euro pro Jahr für die Annuitäten zahlen müssen. Zusätzlich zu den rund vier Mrd. Euro, die das „System Bahn“ für den operativen Betrieb und ÖBB-Pensionisten noch zusätzlich kostet.

Eine gesetzliche Regelung der Haftungen für ÖBB und Asfinag sind laut Finanzministeriums-Sprecher Harald Waiglein zur Zeit kein Thema. Wie berichtet, arbeitet die Regierung jedoch an einem Verfassungsgesetz, dass die maximale Verschuldung der Gebietskörperschaften regeln soll. Dies hätte über Umwege auch Einfluss auf die Bundes-Haftungen für die beiden Infrastrukturunternehmen. „Wir sehen jedoch nicht, dass sich dadurch an den Bauplänen etwas ändern wird“, so Waiglein.

Fünf oder drei Vorstände?

Aufregung gibt es zur Zeit auch um die neue ÖBB-Infrastrukturgesellschaft. Diese hat zur Zeit fünf Vorstände, drei davon wurden am Wochenende neu ausgeschrieben. Beobachter werten dies als Zeichen, dass die beiden auf einem blau-orangen Ticket sitzenden Vorstände, Gilbert Trattner und Arnold Schiefer, ihren Hut nehmen müssen. Laut ÖBB laufen zwei der fünf Verträge noch bis 2013, weshalb sie nicht ausgeschrieben seien.

Auf einen Blick

22,5 Mrd. Euro sollen bis 2014 für neue Straßen und Schienen ausgegeben werden. Das würde den Schuldenberg bei ÖBB und Asfinag beinahe verdoppeln.
Finanzstaatssekretär Reinhold Lopatka will daher eine jährliche Obergrenze und somit den Ausbau verlangsamen. Infrastrukturministerin Doris Bures ist darüber erbost.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 16.02.2010)

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