Turbulente Tage für Raiffeisen

Viele Anleger machten zu Wochenbeginn einen Bogen um Raiffeisen-Aktien.
Viele Anleger machten zu Wochenbeginn einen Bogen um Raiffeisen-Aktien. (c) REUTERS (HEINZ-PETER BADER)
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Die Raiffeisen Bank International hat nun einen Käufer für ihre polnische Tochter gefunden. Das kam an der Börse gut an, die US-Sanktionen gegen Russland bleiben aber ein Risiko.

Wien. Anleger konnten am Dienstag aufatmen: Nachdem die Aktie der Raiffeisen Bank International am Vortrag um rund zwölf Prozent abgestürzt war, überraschte das Institut in der Früh mit guten Nachrichten: Sie hat einen Käufer für ihre polnische Tochter gefunden.

Die französische BNP Paribas wird das Polen-Geschäft für rund 775 Mio. Euro erwerben. Bereits 2015 hatte sich die RBI nach einem herben Verlust ihrer Tochter dazu entschlossen, das Institut zu veräußern. Doch benötigte es mehrere Anläufe, um dieses Unterfangen zu einem glücklichen Ende zu bringen. „Wir hatten in Polen größere Hoffnungen, als wir dann in der Lage waren zu realisieren“, sagte Bankchef Johann Strobl vor Kurzem bei der Jahrespressekonferenz. Die Investoren zeigten sich jedenfalls erfreut: Die Aktie legte zu Handelsbeginn um über fünf Prozent zu.

Fremdwährungsgeschäft bleibt

Die Polbank war im Jahr 2012 von der RBI gekauft worden. Die Auflagen der Finanzmarktaufsicht sahen bis Mai dieses Jahres einen Börsegang in Warschau vor, andernfalls hätte die Bank an eine in Polen börsenotierte Bank verkauft werden müssen. Diese Verpflichtung gilt nun als erfüllt, wie die Raiffeisen Bank International am Dienstag mitteilte. Das Institut sieht in dem Verkauf einen wesentlichen Schritt zur Optimierung der Unternehmensgruppe. Man schaffe mit der Kapitalgewinnung Spielraum für eine bessere Position in relevanten Märkten. Der Gewinn der RBI wird von dem Verkauf dennoch belastet, und zwar im Ausmaß von 120 Mio. Euro. Unter dem Strich hatte die Raiffeisen mehr als 800 Mio. Euro in ihre Tochter gesteckt.

Nicht abstoßen konnte die RBI ihr Fremdwährungsgeschäft in Polen. Dafür will das Institut nun eine eigene polnische Filiale gründen. Dieses 3,5 Mrd. Euro schwere Portfolio basiert vor allem auf Schweizer-Franken-Krediten. Es bleibt für die Dauer der laufenden Verpflichtungen bestehen. Seitens der Bank konnte man allerdings keinen konkreten Zeitraum nennen – einige oder auch viele Jahre gelten als realistisch.

Sanktionen treffen RBI nur gering 

Die RBI hat mit Polen zwar ein Kapitel (großteils) abgearbeitet, ein anderes war an der Börse dennoch allgegenwärtig: Russland. Die in der Vorwoche verhängten US-Sanktion gegen das Land haben die Aktie am Montag und auch am gestrigen Dienstag zwischenzeitlich auf Talfahrt geschickt (nachdem die erste Euphorie zu Polen verflogen war). Doch beruhigte sich der Kurs im Laufe des Tages wieder. Als das Papier unter das Niveau von 25 Euro fiel, sahen viele Investoren wohl einen guten Zeitpunkt gekommen, um zuzugreifen. Dass die Bank wegen Russland so stark abgestraft werde, sei eine Überreaktion der Märkte – zumindest aus derzeitiger Sicht. Das sagte ein Analyst zur „Presse“, der nicht genannt werden will. Doch komme es auch darauf an, wie sich die geopolitische Situation entwickle. Spitzt sich die Lage zu, könnte der Markt mit dem Abverkauf der RBI-Papiere nur etwas vorweggenommen haben. Eine Bank ist in der Regel stark mit der Wirtschaft eines Landes verwoben. Entziehen kann sie sich negativen Entwicklungen meist nicht.

Selbst der Gouverneur der Oesterreichischen Nationalbank, Ewald Nowotny, nahm die RBI am Dienstag in Schutz: „Wir sehen am Ende des Tages keine direkten Auswirkungen auf das Geschäft von Raiffeisen.“ Er bezeichnete den Kurssturz der Aktie als „voreilige Interpretation der Märkte“. Aus Sicht der Raiffeisen Bank International werden die Russland-Sanktionen auf Gruppenebene nur kleine Auswirkungen haben: „Von den jüngsten US-Sanktionen sind nur 0,1 Prozent der Bilanzsumme der RBI-Gruppe betroffen“, heißt es in einer Stellungnahme.

Die RBI erzielte 2017 in Russland einen Gewinn von 443 Mio. Euro – bei einem Konzernergebnis von 1,1 Mrd. Euro. Das Land steuerte also fast ein Drittel zum positiven Ergebnis bei. In Russland gilt die Raiffeisen als eine der führenden ausländischen Banken, man betreut Firmen- und Privatkunden, wobei der Schwerpunkt auf den Großstädten liegt. Das Kreditexposure belief sich im Vorjahr auf rund 8,1 Mrd. Euro – bei 81,2 Mrd. Euro auf Konzernebene.

Am heutigen Mittwoch könnte es bei Raiffeisen erneut spannend werden: Denn da kündigt das Institut eine Telefonkonferenz an. Es soll um Polen und andere aktuellen Themen gehen. (nst)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 11.04.2018)

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