Merkel will offenbar nicht für EU-Türkei-Deal zahlen

Angela Merkel soll weitgehend allein gehandelt haben.
Angela Merkel soll weitgehend allein gehandelt haben. imago/Xinhua
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Die deutsche Kanzlerin soll das Flüchtlingsabkommen mit der Türkei im Alleingang verhandelt haben. Nun solle die EU für die Zahlungen aufkommen, berichten Medien.

In EU-Diplomatenkreisen wächst der Unmut über die Zahlungen für den Türkei-Deal: Man argumentiert, die deutsche Kanzlerin Angela Merkel habe das Flüchtlingsabkommen weitgehend im Alleingang und hinter dem Rücken der EU verhandelt, nun wolle Deutschland nicht zahlen, das berichtet der "Standard".

Merkel hatte beim Europäischen Rat eingeräumt, dass EU-Staaten die Hälfte der nächsten fälligen Zahlung an die Türkei (drei Milliarden Euro der EU-Hilfen für Flüchtlinge in der Türkei) übernehmen könnten. Einige Staaten (Deutschland, Frankreich, Österreich, Schweden, Dänemark und Finnland) wollen am liebsten alles aus dem EU-Budget zahlen lassen.

Das sorgt für Widerstand in EU-Gremien. Denn Merkel habe den Deal mit Zahlungen von sechs Milliarden Euro ausgehandelt, während in der EU schon andere Lösungen in Arbeit gewesen waren: Im Herbst 2015 habe es den Vorschlag gegeben (von EU-Kommissar Frans Timmermans und Ratspräsident Donald Tusk ausgearbeitet), dass die Türkei unter Auflagen eine Schengen-Visabefreiung bekommen sollte, man "freundliche Nasenlöcher bei der Eröffnung einiger EU-Kapitel" machen und eine Vertiefung der Zollunion anstreben würde, so der "Standard".

Anderer EU-Deal soll schon fix gewesen sein

Die bestehenden Vorbeitrittshilfen hätten demnach umgeschichtet werden sollen, das hätte weniger Geld für die Türkei bedeuet. Der Deal, mit dem damaligen Premier Ahmet Davutoğlu soll ziemlich fix gewesen sein. Bis Merkel bemängelte, dass die Grenze der Türkei mit dem Timmermans-Tusk-Abkommen für Flüchtlinge nicht völlig geschlossen werden konnte. Die deutsche Regierung wollte, dass "gar niemand mehr hereinkommen kann", zitiert der "Standard" einen Beamter aus dem EU-Umfeld. Deshalb wurde der Passus mit der verpflichtenden Rückführung in die Türkei eingebracht.

Aus Berliner Sicht hätte das alternative EU-Abkommen den Nachteil gehabt, dass es Syrer nicht umfasst hätte. Merkel hätte aber gewollt, dass auch die Syrer in die Türkei zurückgebracht werden konnten. Das hätte verhindern sollen, dass sich Syrer auf die gefährliche Fahrt üebr das Mittelmeer begeben - wenn sie damit rechnen mussten, ohnehin zurück geschickt zu werden.

EU-Vertreter sollen überdies nichts von den parallelen Verhandlungen der deutschen Regierung gewusst haben - die wurden erst durch Zufall bekannt. In einer Stellungnahme zu diesen Vorwürfen heißt es vom Pressedienst der deutschen Regierung. "Die EU-Türkei-Erklärung vom 18. März 2016 ist ein gemeinsamer Erfolg", nähere Informationen über den Verlauf der Beratungen gibt es nicht.

>>> zum Bericht im "Standard"

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