Menschenrechte: Wie Kim seine Bürger systematisch peinigt

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Hunger, Folter, Hinrichtungen gehören in Nordkorea zum Alltag. Doch die Verbrechen des brutalen stalinistischen Regimes von Kim Jong-un sind beim Friedensgipfel in Panmunjom kein Thema.

Seoul/Wien. Diese Bilder werden Geschichte machen: Hand-in-Hand überqueren die zwei Präsidenten der beiden Koreas fröhlich lachend die Demarkationslinie. Dass nördlich der innerkoreanischen Grenze eines der brutalsten Regimes der Welt beginnt, erwähnte beim „Friedensgipfel“ am Freitag im Grenzort Panmunjom niemand.

Dafür erinnerten die Eltern des in Nordkorea ermordeten US-Studenten Otto Warmbier an all das Leid, das Präsident Kim Jong-un seinen Bürgern zufügt: Sie verklagten in den USA den Staat Nordkorea wegen „brutaler Folter und Mord“. Ende 2015 war ihr damals 21-jähriger Sohn nach einer Gruppenreise in Nordkorea festgenommen und wegen „feindlicher Handlungen gegen den Staat“ zu 15 Jahren Arbeitslager verurteilt worden. Wenige Tage nach seiner Rückkehr in die USA im Juni 2016 starb er. Er hatte bereits 15 Monate lang im Koma gelegen. Otto Warmbier hatte erleben müssen, was für viele Nordkoreaner zum Alltag gehört: Wer auch nur verdächtigt wird, das totalitäre Kim-Regime infrage zu stellen – oder einen südkoreanischen Popschlager singt –, wird hingerichtet oder deportiert. Die UNO schätzt, dass Zehntausende in Kim Jong-uns Lager festgehalten werden. Die barbarische Behandlung der Gefangenen ist dank geflohener Nordkoreaner gut dokumentiert: Die Insassen schuften sich als Kims „Sklaven“ oft zu Tode, werden gezwungen, giftige Chemikalien zu verwenden, in Minen, Fabriken oder Feldern zu arbeiten. Schwere Folter gehört zum System, die Häftlinge werden geschlagen, vergewaltigt, bewusst ausgehungert: Häufigste Todesursache ist Unterernährung. Zeugen erzählen von Gefangenen, die ihr eigenes Grab schaufeln mussten. Ein ausgeklügeltes Spitzelsystem und Umerziehungssessions sorgen zusätzlich für Angst und Terror.

Kim foltert allerdings nicht nur jene, die ihn und das Regime infrage stellen: Nur sehr wenige, loyale Kader in Pjöngjang – das Leben in der „reichen“ Hauptstadt gilt als Privileg – genießen hohe Lebensstandards. Ihren Luxus sowie das teure Waffen- und Atomprogramm finanzieren großteils Nordkoreas Bürger: Das 25-Millionen-Einwohner-Land gehört zu den ärmsten der Welt, 41 Prozent der Nordkoreaner sind laut UNO unterernährt. Trotz Kim „Wirtschaftsliberalisierungen“ – Bauernmärkte sind jetzt begrenzt erlaubt – kassiert der Staat den Großteil der Erträge seiner Bürger.

Kontakt nach außen verboten

Das Land Nordkorea ist ein großes Gefängnis: Kontakt nach außen ist verboten, Flucht wird schwer bestraft, die Grenzen zu China werden unter Kim noch strenger kontrolliert. Die UNO warnte davor, bei Gesprächen mit Kim das Thema Menschenrechte zu ignorieren. „Eine Vereinbarung zur atomaren Abrüstung wird brüchig bleiben, wenn die Rechte der Bevölkerung nur am Rand behandelt werden“, sagte UN-Sonderberichterstatter Tomas Ojea Quintana.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 28.04.2018)

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