Arbeitsmarkt: Jobförderung für Ältere kostet Millionen

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THEMENBILD: ARBEITSMARKTSERVICE AMS / ARBEITSLOSENZAHLEN /ARBEITSLOSEAPA/HERBERT PFARRHOFER
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Die Arbeitslosigkeit sinkt weiter, der Aufschwung dürfte heuer anhalten. Unter Älteren geht die Arbeitslosigkeit weniger stark zurück. Obwohl sie pro Jahr mit einem dreistelligen Millionenbetrag gefördert werden.

Die Aktion 20.000 ist Geschichte – zumindest vorerst: Als eine der ersten Amtshandlungen war das Programm zur Förderung von älteren Langzeitarbeitslosen von der türkis-blauen Regierung „sistiert“ worden. Die Maßnahme hätte heuer rund eine halbe Milliarde Euro gekostet. Ältere werden auf dem Arbeitsmarkt aber nach wie vor kräftig gefördert – im Vorjahr mit 221 Millionen Euro, so die Zahlen des AMS. Menschen über 50 Jahre gelten als Problemgruppe auf dem Arbeitsmarkt. Auch unter ihnen sinkt die Arbeitslosigkeit, aber deutlich weniger als im Allgemeinen (5,5 vs. 7,1 Prozent). Am meisten Geld fließt in die Eingliederungsbeihilfe für Ältere. Dafür gab das AMS im Vorjahr 110 Mio. Euro aus. Die öffentliche Hand übernimmt dabei einen Teil der Lohnnebenkosten. Wie lang, ist Verhandlungssache, meist sind es einige Monate. Firmen können sie beantragen, wenn sie einen Über-50-Jährigen neu anstellen, der zuvor mindestens sechs Monate arbeitslos war oder gesundheitlich eingeschränkt ist.

Die Förderung ist bei Unternehmen beliebt – bei der Arbeiterkammer weniger: Die neue AK-Präsidentin, Renate Anderl, sprach am gestrigen Mittwoch von „hohen Mitnahmeeffekten“. Arbeitgeber erhielten Förderungen für die Aufnahme neuer Mitarbeiter, die sie sowieso einstellen würden.

Erwerbsbeteiligung Älterer ist niedrig

In der Wirtschaftskammer sieht man das freilich anders. Martin Gleitsmann aus der Abteilung Sozialpolitik sagte, es sei der „goldrichtige Weg“, Ältere über Eingliederungsbeihilfen wieder in Jobs zu integrieren. Laut AMS werden 60 Prozent der Personen nach Auslaufen der Beihilfe in ein reguläres Beschäftigungsverhältnis übernommen.

Der zweitgrößte Förderposten sind gemeinnützige Beschäftigungsprojekte und sozialökonomische Betriebe, die mit 105 Mio. Euro im Jahr subventioniert werden. Das sind eigens eingerichtete Betriebe für Langzeitarbeitslose – zum Beispiel das Restaurant Inigo in Wien. Mit weiteren sechs Mio. Euro werden Jobs unterstützt, die so schlecht bezahlt sind, dass man davon nicht leben könnte („Kombilohn“). Im Vorjahr wurden knapp 35.000 ältere Arbeitslose aus den drei Töpfen gefördert.
Über-50-Jährige haben zwar kein höheres Risiko, ihren Job zu verlieren.

Wer aber einmal draußen ist, findet nur schwer wieder einen neuen. Weil die Möglichkeit zum früheren Pensionsantritt stark eingeschränkt wurde, drängen immer mehr Ältere auf den Arbeitsmarkt. Noch nie waren so viele Menschen über 50 beschäftigt – gleichzeitig sind 103.052 Personen in der Altersgruppe ohne Job, das ist mehr als jeder vierte Arbeitslose. Und: Ältere sind besonders oft von Langzeitarbeitslosigkeit betroffen.

Die Presse

Im internationalen Vergleich ist die Erwerbsbeteiligung Älterer hierzulande niedrig. Im Durchschnitt der OECD-Länder arbeiten 62,1 Prozent der 55- bis 64-Jährigen. Österreich liegt mit 51,7 Prozent weit darunter. Am meisten Ältere arbeiten in Schweden: Dort gibt es ein Pensionssystem, das die Lebenserwartung berücksichtigt, eine flachere Lohnkurve und eine gut ausgebaute Kinderbetreuung, wie die Denkfabrik Agenda Austria am gestrigen Mittwoch betonte. In Österreich ist das Pensionsantrittsalter vergleichsweise niedrig, mit 60 Jahren vor allem bei Frauen. Die Angleichung des Frauenpensionsalters an das der Männer (65 Jahre) ist für 2024 geplant.

Weniger Arbeitslose in allen Branchen

Der positive Trend auf dem Arbeitsmarkt setzte sich unterdessen im April fort. Das AMS meldete am Mittwoch einen Rückgang der Arbeitslosigkeit, der so stark war wie zuletzt 2006, und einen neuen Beschäftigungsrekord. Die Arbeitslosigkeit sank quer durch alle Gruppen und Branchen – Frauen und Männer, Industriearbeiter und Handelsbeschäftigte, Lehr- und Pflichtschulabsolventen. 384.486 Menschen waren ohne Job, davon nahmen 75.627 an AMS-Schulungen teil. Damit sank die Arbeitslosigkeit im Vorjahresvergleich um 7,1 Prozent. Einzig unter Akademikern gab es ein marginales Plus.

Unter Inländern betrug der Rückgang 9,6 Prozent, unter Ausländern lediglich 1,7 Prozent. Laut AMS wird die Arbeitslosigkeit das ganze Jahr über sinken. Die Entwicklung sei Grund zur Freude, so AMS-Chef Johannes Kopf. Mit der absoluten Höhe sollte man nicht zufrieden sein. (bin)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 03.05.2018)

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