Der scheidende Wirtschaftskammer-Präsident sah sich in Mailand und Barcelona in Sachen Design um, traf einen exzentrischen Fiat-Erben und auf Widerstandsnester gegen die katalanische Unabhängigkeitsbewegung.
Mailand/Barcelona. Lapo Elkann ist so etwas wie der Prinz Harry Italiens. Was in Großbritannien das Königshaus, ist dort die Familie Agnelli. Lapo Elkann, Enkel von Gianni Agnelli, gemeinsam mit seinem Bruder – der Präsident von Fiat ist – und seiner Schwester Shareholder des Fiat-Chrysler-Konzerns, war Assistent von Henry Kissinger, dann Brillendesigner. Schlagzeilen machte er aber vor allem als Enfant terrible – mit Drogen und Frauengeschichten.
Heute hat Lapo Elkann in Mailand ein Studio für Automobildesign, die „Garage Italia“. Und dort empfing er den österreichischen Präsidenten der Wirtschaftskammer. Lapo Elkann und Christoph Leitl – zwei Welten. Und doch wieder irgendwie auf einer Wellenlänge. Unprätentiös, ja überaus herzlich, führte Elkann Leitl in seine Welt ein. In jene des Designs im Speziellen und jene Italiens im Allgemeinen. Die Italiener, insbesondere die Unternehmer, würden stets in verschiedene Richtungen ziehen, das fange schon in der Gastronomie an. Dabei wäre gemeinsame Stärke effizienter. „Das ist ja wie mit Europa“, warf Leitl ein.
Europa. Und der Freihandel. Das sind die zentralen Themen des Christoph Leitl. Auch auf seiner letzten Reise als österreichischer Wirtschaftskammer-Präsident, die ihn diese Woche nach Mailand und Barcelona führte. Als „Obers auf dem Kaffee“, wie Leitl sagte. Wobei er nicht die Reise an sich meinte, sondern das Thema. Nach einem bereits geschlossenen Abkommen mit der ETH Zürich, zu dessen Forschungsinstituten die Mitglieder der Wirtschaftskammer damit kostenlos Zutritt haben, unterzeichnete Leitl in der Lombardei und in Katalonien nun zwei Designabkommen. Denn Design sei einer der Zukunftsfaktoren auch in der Industrie, so Leitl. Er besuchte unter anderem die Triennale und die Fondazione Achille Castiglioni in Mailand und das Barcelona Centre Disseny.
In Barcelona nahm er in der Alten Universität auch an der 50-Jahr-Feier der österreichischen Außenhandelsstelle teil, untergebracht ist diese an sich in der Casa de les Punxes, einem typischen Barceloneser Jugendstilbau. Auch bei der Feier setzte Leitl vor österreichischem und katalanischen Publikum zu einem Plädoyer für Freihandel, für Europa und gegen den „Nationalismus den 19. Jahrhunderts“ an.
In Katalonien keine ganz unheikle Position. Allerdings hält auch Miquel Valls, Präsident der Wirtschaftskammer und des Design-Centers von Barcelona, die Unabhängigkeitsbestrebungen seiner Landsleute für Unfug. Nur die Leute am Land seien dafür, die Menschen in Barcelona schon weniger, die Business Community überhaupt nicht, so Valls.
18 Jahre Kammerchef
Der Umbau der Wirtschaftskammer zu einer Servicestelle für ihre Mitglieder, die Lehre mit Matura, die Reduktion der Beiträge – am Ende seiner Reise ließ Christoph Leitl noch einmal die aus seiner Sicht größten Erfolge Revue passieren. Stolz sei er auch auf den Talente-Check für Jugendliche, überhaupt müsse man in der Bildungspolitik mehr auf die Begabungen eingehen. „Und Asylwerber sollen in die Betriebe hinein. Denn die Sprache und Werthaltungen lernt man am besten in einem Betrieb.“
Es wird allerdings nicht Leitls wirklich letzte Reise gewesen sein. Er übergibt zwar kommenden Freitag an Harald Mahrer, aber erst im Vorjahr wurde er erneut zum Präsidenten von Eurochambers, dem Verband der europäischen Wirtschaftskammern, gewählt. Und da hat er seine nächste Reise nach Sofia bereits gebucht.
Seine erste Wahl zum Eurochambers-Präsident im Jahr 2001 umrankt übrigens eine typische Leitl-Geschichte. Am Abend vor der Abstimmung traf er einen der Kontrahenten, den Präsidenten der britischen Handelskammer, in einer Bar und schlug ihm vor, dass, wer es von ihnen beiden in die Stichwahl schaffe, vom anderen unterstützt werde. Christoph Leitl kam in die Stichwahl – und gewann mit einer Stimme Vorsprung. Und so erklärte er nun auch seinen katalanischen Kollegen: „Never miss a good bar.“
("Die Presse", Print-Ausgabe, 12.05.2018)