Notizen vom Song Contest

Der Song Contest ist vorbei: Spektakel mit Esc Knopf

imago/ITAR-TASS
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Die Entfernung zwischen Netta Barzilai mit ihrem Hühnergeschrei und einer Armee aus Winkekatzen und dem Vorjahressieger. Zum Ausgang des großen Spektakels.

Am Ende bekommt das Akronym für den Eurovision Song Contest wieder die Bedeutung zurück, die es das ganze restliche Jahr über hat: Esc für Escape. Man war dem Spektakel entkommen, ohne Schäden an Körper und Geist erlitten zu haben. Vielleicht wurden die Nerven kurz vor Schluss noch einmal sehr strapaziert, aber das ist gut so, es trainiert das Immunsystem für vergleichbare Situationen. Also, der ESC ist vorbei, die Siegerin kommt, wie es zu erwarten war, aus Israel, Netta Barzilai performte mit ihrem Hühnergeschrei und einer Armee aus Winkekatzen souverän, ihre selbstbewusste #MeToo Botschaft war jedem sofort klar und der Refrain saß hartnäckig im Ohr, den die aus der Arena strömenden Fans in allen U-Bahnzügen skandierten: „I´m not your toy/you stupid boy“.

In ihrer ersten Reaktion nach dem Sieg rief sie kämpferisch: "Danke, dass ihr das Anderssein gewählt habt! Danke, dass ihr die Vielfalt gefeiert habt!" Und vielleicht war das auch eine direkte Antwort auf die negative Aussage des Vorjahressiegers Salvador Sobral, der im Vorfeld Nettas Song bei Youtube angeklickt hatte, und entsetzt war: „es war etwas Schreckliches“, aber die nette Netta steht darüber, sie habe nur Liebe für Salvador und die Musik aller Stile übrig, sagte sie, als sie die Trophäe, ein gläsernes Mikrophon, von ihm überreicht bekam.

Und Cesár Sampson, der Will Smith aus Linz? Wurde er zerrieben zwischen europäischer Jurygunst und der des Publikums in den 43 teilnehmenden Ländern? Ein Freund aus Linz schickte in der Nacht der Entscheidung per SMS folgendes Dramolett:

Taxifahrer: „No, i vastöh des ned“
Gast: „Aber wo schreibt man hin, wenn man sich beschweren will“
Taxifahrer: "Schreims an Europa"

Bekanntlich führte er bei den Fachjurys, bis dann die Resultate der Televoter ihn vom ersten Platz auf einen sehr guten dritten Platz drückte, immerhin ist das ein Teilsieg, auch wenn es die bärtigen Seefahrerhipster-Dänen mit dem Hausfrauen-Metal und der altbackene Nu-Metal aus Ungarn beim Publikum nicht aber bei den Fachleuten geschafft haben.

Und wie weit das Schrille und Grelle und, nunja, Populistische von Netta und die introspektive Attitüde des Mannes mit dem Second-Hand-Sakko und dem Second-Hand-Herz entfernt war, zeigte sich in der Pause zwischen den Perfomances der Teilnehmer und dem großen Punktebazar danach, als nämlich Sobral noch einmal sein Siegeslied „Amar pelos dois“ von vor einem Jahr sang, und zwar in Begleitung von keinem geringeren als Caetano Veloso aus Brasilien, einem der einflussreichsten Bossa Nova Sänger, einer Art Gott der leisen sanften Töne, und im Pressezentrum, der vollgestopft mit etwa 1000 schwulen und ein paar weniger schwulen Berichterstattern aus ganz Europa, und darüber hinaus (es gab sogar eine kasachische Delegation) passierte etwas seltsames, nachdem bei jedem Lied der Wettbewerbskandidaten atemlose Stille herrschte, Sprechen gar verboten war, setzte beim Duo Sobral/Veloso plötzlich ein Schnattern wie in einem Ententeich ein, kein Mensch interessierte, was da gerade an sichtbar gemachter Stille passierte. Der Stil verlor, und später wurde Portugal mit einem ebenso introspektiven Lied auch noch mit dem letzten Platz bedacht. Da merkt man dann, das ist das Leben, und das Leben geht weiter. Und hier ist der Esc Knopf.

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