Anklage: "Kundgebungen und Anschläge"

Anklage Kundgebungen Anschlaege
Anklage Kundgebungen Anschlaege(c) REUTERS (STRINGER/AUSTRIA)
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Die Staatsanwaltschaft Wiener Neustadt legt den 13Beschuldigten eine „Doppelstrategie“ zur Last. Kleider Bauer habe einen Ausstieg stets abgelehnt. Staatsanwalt Handler

WIENER NEUSTADT (m.s.). Wer im Tierschützerprozess die Anklage vertritt, ist schon klar, wenn man nur in die Nähe des Gerichtsgebäudes kommt: Staatsanwalt Wolfgang Handler posiert als Jäger mit langer Nase und Plastikgewehr vor dem Haupteingang. Nicht der echte natürlich. Die Figur trägt eine Gummimaske und ist Teil der Inszenierung, die von Sympathisanten der Beschuldigten vorbereitet wurde. Im Saal tritt das Original auf: Der Ankläger wirft den Beschuldigten eine zerstörerische Doppelstrategie vor.

Unter Leitung von VgT-Obmann Martin Balluch und dem nun ebenfalls angeklagten Vorkämpfer der Basisgruppe Tierrechte (BAT) habe man im VgT-Büro („Kommandozentrale“) einerseits (legale) Kundgebungen gegen bestimmte Unternehmen, andererseits Anschläge organisiert. So seien die Firmen Escada, Fürnkranz und vor allem Kleider Bauer wegen des Verkaufs von Pelzen ins Fadenkreuz geraten. Zuvor sei auf diese Art bereits die Firma Peek & Cloppenburg „überwiegend in Deutschland“ (also nicht von den Beschuldigten) durch „insgesamt 1500 Aktionen“ zum Ausstieg aus dem Pelzhandel gebracht worden.

Kleider Bauer habe einen Ausstieg stets abgelehnt. Staatsanwalt Handler: „Es gab kein Einlenken. Der Konzern führt nach wie vor Pelzprodukte in seinem Sortiment.“ Deshalb habe es auch etliche Buttersäureanschläge auf Filialen des Unternehmens gegebenen. Anschläge, die der „kriminellen Organisation“ der Beschuldigten zuzuordnen seien.

Mit der Säge gegen Hochstand

Aber nicht nur der Pelzverkauf, auch Hühnerfarmen, Schweinezuchtställe oder die Jagd seien von Aktivisten sabotiert worden. Letzteres sorgte einmal mehr für Amüsement bei Zuschauern im Gerichtssaal, zumal das Umsägen von Hochständen stolz auf einer Homepage dokumentiert worden sei. Eher diffus blieb die Anklage dann, als es darum ging, den einzelnen Beschuldigten konkrete Straftaten zuzuordnen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 03.03.2010)

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