Das "Zweite Bundesrechtsbereinigungsgesetz" von Justizminister Moser (ÖVP) steht nach dem Ende der Begutachtungsfrist in der Kritik: Die Ministerien hätten schützenswerte Bestimmungen in ihren Listen übersehen, meinen Interessensvertretungen.
Für die von der Bundesregierung angepeilte pauschale Streichung älterer Gesetze ist heute, Freitag, die Begutachtungsfrist ausgelaufen. Das "Zweite Bundesrechtsbereinigungsgesetz" bekommt dabei einiges an Kritik ab. Der Tenor: Eine Negativliste überholter Gesetze wäre besser gewesen als die Pauschalstreichung samt Positivliste.
Der Entwurf von Justizminister Josef Moser (ÖVP), abzurufen auf der Parlamentswebsite, besagt, dass alle vor 1. Jänner 2000 veröffentlichten Gesetze und Verordnungen außer Kraft treten sollen. Ausgenommen sind Verfassungsgesetze sowie alle explizit in einer 250 Seiten langen "Positiv-Liste" angeführten Bestimmungen. Rund 600 von 1600 Bundesgesetzen (37,5 Prozent), sowie 1800 von 3400 Verordnungen (53 Prozent) sollen dadurch gestrichen werden.
"Negativliste" rechtssicherer?
Aus den Begutachtungsstellungnahmen geht hervor, dass von den Ministerien hier das eine oder andere noch übersehen wurde. So verlangt die Ärztekammer, dass die Ärzteausbildungsordnung 1994 in Kraft bleiben muss, das Land Niederösterreich pocht auf den Erhalt des Tierseuchengesetzes von 1909, und die gemeinnützigen Bauvereinigungen wollen am Wohnbauförderungsgesetz 1954 festhalten.
Es gibt aber auch grundsätzliche Kritik an der von Moser gewählten Vorgangsweise. So fragt sich das Österreichische Rote Kreuz, wozu man Normen streicht, "die mangels praktischer Anwendbarkeit auch niemanden belasten". Die "Sozialwirtschaft Österreich" hielte eine "Negativliste", die alle außer Kraft zu setzenden Bestimmungen auflistet, für rechtssicherer.
Die Allgemeine Unfallversicherungsanstalt (AUVA) sowie die Vereinigung sozialdemokratischer Juristen schätzen das ähnlich ein. Letztere meinen, der vorgelegte Gesetzesentwurf müsse "als verfehlt angesehen werden". Vom Ökobüro kommt der Vorwurf der Intransparenz, außerdem stehe das Vorhaben im Widerspruch zum verfassungsgesetzlichen Determinierungsverbot.
RH: Empfehlungen noch nicht umgesetzt
Ungerührt zeigte sich der Rechnungshof vom Rechtsbereinigungs-Entwurf. Zwar habe man selber auf "eine umfassende Aufgabenkritik und Rechtsbereinigung" als Kernelement einer Verwaltungsreform hingewiesen, heißt es in der Begutachtungsstellungnahme. Die stichtagsbezogene Gesetzesstreichung bringe aber noch nicht die gewünschte inhaltliche Vereinfachung.
Gewarnt wird vom RH (der früheren Wirkungsstätte des für den Entwurf verantwortlichen ÖVP-Justizministers Josef Moser) davor, die jährliche Genehmigung der Bundesrechnungsabschlüsse durch den Nationalrat bis zum Jahr 1997 zu streichen. Diese sei nämlich als verbindliche Feststellung der erfolgten Gebarung und des Haushaltsvollzugs des Bundes anzusehen. Weder in der Verfassung, noch im Rechnungshof-Gesetz oder in der Geschäftsordnung des Nationalrats sei die nun angepeilte Streichung vorgesehen. Sie könnte daher mit dem Ziel der Schaffung von Rechtssicherheit in Widerspruch geraten.
(APA)