Schärfere Gangart gegen Missbrauch

Die Bischofskonferenz wertet die Ombudsstellen in den Diözesen auf.

WIEN Nach dem Auffliegen hunderter Fälle sexuellen Missbrauchs in den USA, Irland, Deutschland und von bis zu 17 Fällen in Österreich verschärfen die Bischöfe ihre Gangart. Die Tagesordnung der Frühjahrstagung der Bischofskonferenz in St. Pölten musste - was eher selten vorkommt - neu geschrieben werden. Denn eigentlich sollten sich die Bischöfe nicht mit diesem Thema befassen. Aber der Druck der Ereignisse war zu groß geworden.

Kardinal Christoph Schönborn hat seine rechte Hand in der Erzdiözese Wien, Generalvikar Franz Schuster, kurzerhand zur Sitzung in die niederösterreichische Landeshauptstadt beordert. Er durfte im Kreis des Episkopats referieren, wie das Wiener Modell der Ombudsstelle für Opfer sexuellen Missbrauchs in der katholischen Kirche funktioniert. Es soll zu einer Art Vorbild für alle anderen Diözesen werden.

Alle neun Bundesländer haben nach den Turbulenzen rund um die Affäre Groër Mitte der 1990er-Jahre Anlaufstellen für Opfer installiert. Diese sind aber alles andere als einheitlich ausgestattet. Im Burgenland begnügte man sich bisher mit einer Einmannkommission eines Pfarrers.
Die Ombudsstelle der Erzdiözese Wien wird von einem Laien geführt, dem Psychiater Johannes Wancata. Er kann über ein ganzes Team von zwei Kinder- und Jugendpsychologen, zwei Erwachsenenpsychologen, einem Kinder- und Jugendpsychiater, einer Sozialarbeiterin und einem Juristen verfügen.

Die Vorgangsweise, wie im Fall eines Verdachts oder gar einer Verurteilung eines Priesters zu verfahren ist, sollte aber jetzt schon einheitlich sein.

Degradierung von Priestern

Anders als in der Vergangenheit werden Kleriker (und auch Laienangestellte) beim Auftauchen entsprechender Hinweise vom Dienst freigestellt. Sie dürfen bis zum Abschluss des Verfahrens in der Seelsorge nicht tätig sein.

Es gelten die Grundsätze, die Papst Benedikt XVI. festgeschrieben hat. Priestern droht nach Verurteilung durch staatliche Gerichte die Rückversetzung in den Laienstand.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 05.03.2010)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

Symbolbild
Religion

Verein will Missbrauchs-Priester outen

Mehrere verurteilte Priester seien weiter in der Seelsorge tätig, klagt der Verein "Priester ohne Amt". Sollten die Diözesen weiter an ihnen festhalten, sehe man sich gezwungen, deren Identität bekannt zu machen.
Symbolbild: Versammlung der Bischoefe
Religion

Versammlung der Bischöfe: Austritts-Rekord und Missbrauchsfälle

Die Frühjahrs-Vollversammlung der österreichischen Bischöfe wird von einem neuen Rekord an Kirchenaustritten und Missbrauchsfällen überschattet. Dabei wollten die Bischöfe über ganz andere Themen sprechen.
Religion

Missbrauch: Alle mochten den Herrn Pfarrer

Geschockt, aber teils auch wenig überrascht reagiert man in jener steirischen Gemeinde, in der ein Pfarrer Kinder missbraucht hat. Die Diözese bietet Opfern „offene Türen“.
Von Groër bis Jesuiten-Kolleg

Kirche und Missbrauch


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.