Schauspiel: "In den USA geht es mehr um Marketing"

Wolfgang Cerny (*1984, Wien) spielt zur Zeit in der ARD-Telenovela „Sturm der Liebe“ und war u.a. am Volkstheater Wien in "Die Reifeprüfung" zu sehen.

Herr Cerny, wie einst Christoph Waltz haben Sie Teile Ihrer Ausbildung sowohl in den USA wie in Europa absolviert. Was sind da die großen Unterschiede?

Wolfgang Cerny: Ich schloss meine Ausbildung am Konservatorium Wien bei Peter Ender letzten Sommer ab. Davor hatte ich auch Auditions in London und New York. An der American Academy of Dramatic Arts in Los Angeles nahm ich einen Sommer lang Unterricht und besuchte parallel einen Filmcoach. Daraufhin entschied ich mich aber für das Studium in Österreich. Für mich war es interessanter, dass die Ausbildung hier im Geiste der großen Dichter und Denker des alten Europa stattfindet. In den USA wird man von Anfang an auf Erfolg und Marketing gedrillt, es geht weniger um das Handwerk als um den Aufstieg im „Business“. Aufgrund fehlender staatlicher Subventionen sind die Studienplätze allerdings so teuer, dass es ohne ein Stipendium schwer realisierbar ist.

Wie funktioniert die Schauspielausbildung hier?

Die Ausbildung geht über acht Semester und schließt mit der Bühnenreife ab. Der Beruf ist für viele sehr attraktiv. Durch die Möglichkeit, die Ausbildung auch an Privatschulen zu absolvieren, drängen noch mehr junge Schauspieler auf den Markt. Wahrscheinlich haben alle Schulen unterschiedliche Schwerpunkte. Möglichkeiten hat man nicht nur in Theater und Film, sondern vor allem im Fernsehen, auch bei Hörspielen, überhaupt Jobs als Sprecher. Nach meiner Erfahrung empfehle ich jedem, sich an einer staatlichen Schule zu bewerben. Aber die Konkurrenz ist groß: Aus mehreren hundert Bewerbern werden pro Jahrgang nur zehn bis 15 aufgenommen.

Was ist mit dem Unterschied zwischen Theater und Film?

Der Fokus liegt zuerst auf dem Theater. Es ist ja eine Bühnenausbildung. Aber es gibt auch Kameraworkshops und Projekte mit Studenten der Filmakademie, davon profitieren dann beide Seiten. Ein großer praktischer Unterschied im Beruf ist das Proben: sechs bis acht Wochen für die Bühne, im TV geht es gleich am Set los. Auf der Bühne muss man so arbeiten, dass man auch die letzte Reihe erreicht – vor der Kamera muss man viel reduzierter spielen.

Wie unterschiedlich sind die amerikanische und die europäische Schauspieltradition?

In den USA ist das „Method Acting“, das Stanislawksi-Abgänger wie Lee Strasberg und Stella Adler unterschiedlich entwickelt haben, die Schauspieltheorie – das gilt gerade für den Film. In Europa gibt es noch andere Einflüsse, vor allem Tschechow und Brecht. In all der Theorie findet dann jeder passende „Spielregeln“ für sich selbst.


Wolfgang Cerny (*1984, Wien) spielt zur Zeit in der ARD-Telenovela „Sturm der Liebe“ und war u.a. am Volkstheater Wien in „Die Reifeprüfung“ zu sehen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 07.03.2010)

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