300 statt 600 Deutschklassen in Wien

(c) Clemens Fabry
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Es gibt einen Kompromiss zwischen Bildungsministerium und Wien: Manche Schulen dürfen Schüler weiter integriert fördern. Die Zahl der Klassen liegt deutlich unter der Prognose.

Im Konflikt um die Einrichtung von Deutschförderklassen stehen die Zeichen zwischen Wien und Bildungsministerium vorerst auf Entspannung. Die Bundeshauptstadt zieht das Auslösen des Konsultationsmechanismus zurück, im Gegenzug können Schulen mit Raumproblemen die Deutschförderung temporär auch in integrierter Form umsetzen. Insgesamt soll es in Wien knapp über 300 Deutschklassen geben - laut Prognose hatte man mit 600 Klassen gerechnet.

Ab Herbst müssen Kinder, die dem Unterricht nicht ausreichend folgen können, für maximal vier Semester in eine eigene Deutschförderklasse. Dort wird dann in 15 bis 20 Wochenstunden nach eigenem Lehrplan Deutsch unterrichtet - für Gegenstände wie Zeichnen, Musik oder Turnen werden die Kinder dann aber altersgemäß den normalen Regelklassen zugeteilt.

Einschränkung: Die Klassen werden erst ab acht Schülern pro Standort eingerichtet. Besuchen müssen sie außerdem nur jene Kinder, die in der ersten Schulstufe aufgenommen wurden, oder gerade in Österreich angekommene Quereinsteiger ins Schulsystem. Nach jedem Semester wird dann überprüft, ob die Kinder dem Regelunterricht mittlerweile ausreichend folgen und in die Regelklassen wechseln können.

Ausnahmen für manche Schulen

Neben inhaltlicher Kritik und Zweifel an der organisatorischen Durchführbarkeit löste Wien aufgrund erwarteter Mehrkosten den im Finanzausgleich vorgesehenen Konsultationsmechanismus aus - das bedeutet, dass diese vom Bund getragen werden sollen. Nach längeren Verhandlungen gibt es nun eine Übereinkunft.

Auf der einen Seite zieht Wien den Konsultationsmechanismus zurück, andererseits bekommen jene Schulstandorte, die eine Umsetzung der Deutschklassen aus organisatorischen und strukturellen Gründen nicht schaffen (also etwa Raumnot), eine Ausnahme zugestanden, bestätigte man im Bildungsministerium sowie im Büro von Wiens Bildungsstadtrat Jürgen Czernohorszky (SPÖ).

Auch integrierte Förderung

Sie können die Deutschförderung schulautonom umsetzen, also auch in integrierter Form. Voraussetzung dafür ist allerdings, dass dies in Abstimmung mit dem Ministerium passiert, eine eigene Lehrkraft für die außerordentlichen Schüler zur Verfügung steht und eine temporäre Maßnahme bleibt, betont man im Ministerium. So soll etwa abgeklärt werden, ob an Bundesschulen - das sind etwa Gymnasien - Raum gefunden werden kann.

Laut Czernohorszky haben 46 Schulen Probleme bei der Umsetzung angemeldet, im Ministerium sieht man diese bei 21 bereits als intern gelöst an. An den restlichen 25 gab bzw. gibt es in diesen Tagen gemeinsame Begehungen.

Inhaltliche Kritik bleibt aufrecht

"Als Pragmatiker bin ich immer davon ausgegangen, dass wir hier zu einer vernünftigen Lösung kommen. Diese haben wir jetzt erreicht", so Bildungsminister Heinz Faßmann (ÖVP). Seine inhaltliche Kritik hält Czernohorszky allerdings aufrecht. "Insgesamt bleibt Wien dabei, dass es mehr Deutschförderung braucht und Schulen die Möglichkeit haben sollten, sie standortspezifisch umzusetzen."

Internationale Studien würden belegen, dass Kinder gemeinsam und mit intensiver Unterstützung am besten lernen, sagt Czernohorszky. Er kritisiert daher auch den Wegfall des Integrationspakets: "Das bedeutet, dass im nächsten Jahr deutlich weniger Ressourcen für die Sprachförderung da sind - dabei wäre mehr Deutschförderung das Gebot der Stunde."

Mehr als 300 Deutschklassen

Im Stadtschulrat geht man von insgesamt mehr als 300 Deutschförderklassen ab Herbst aus. Aufgrund möglicher Zuwächse im Sommer bzw. durch Quereinsteiger sei eine exakte Festlegung aber noch nicht möglich. "Es ist gut, dass wir uns geeinigt haben", so Stadtschulratspräsident Heinrich Himmer (SPÖ). So könnten die mit der Bildung von Deutschförderklassen verbundenen Schwierigkeiten schulautonom abgefedert werden.

Die 300 Klassen sind aber deutlich weniger als prognostiziert: Laut Bildungsministerium hatte man für Wien mit 600 Deutschklassen gerechnet. auch in einigen anderen Bundesländern dürften es deutlich weniger Klassen sein ("Die Presse") berichtete. So sollen es in Salzburg 27 statt der prognostizierten 93 Klassen sein, in Vorarlberg 79 statt neun, im Burgenland drei statt sechs und in Tirol rund 20 statt 28.

(APA/red.)

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