Mit Nasenbluten wird ein Fußballer vom Feld genommen – von einer Depression will indes niemand etwas wissen. Angst, Überforderung, Suizid: über Tabus im Spitzensport.
Mir dreht sich der Magen um, als müsse ich mich übergeben. Ich muss dann einmal so heftig würgen, bis mir die Augen tränen.“ So beschreibt der Fußballer Per Mertesacker die Minuten vor dem Anpfiff. Der ehemalige deutsche Nationalspieler gab im März dieses Jahres im deutschen Nachrichtenmagazin „Der Spiegel“ ein beachtliches Interview. Er sprach von Druck, seelischen Belastungen und Überforderung. Mertesacker blickte auf die andere Seite der Medaille des Profifußballs. Eine Seite, auf der Depressionen, Ängste, Übertraining, Verletzungen und Suizid zu finden sind.
In Deutschland hat man bereits Erfahrung mit psychischen Erkrankungen bei Fußballern gesammelt. Das ganze Land war geschockt, als sich die Nachricht vom Suizid des Torhüters Robert Enke verbreitete. Enke warf sich, keine 48 Stunden nachdem er für Hannover 96 ein grandioses Bundesligaspiel abgeliefert hatte, vor einen Zug. Enke war zu diesem Zeitpunkt Mitglied der deutschen Nationalmannschaft, einer der besten Torhüter der Welt und schwer psychisch krank – zeitgleich. Der Fall Enke zeigt, dass mentale Stärke und psychische Gesundheit nichts miteinander zu tun haben müssen. Ein Sportler kann psychisch krank sein, und dennoch muss die sportliche Leistungsfähigkeit nicht darunter leiden. Umgekehrt gilt das Gleiche. Den Suizid Enke zum Anlass nehmend, gründeten Psychiater in Deutschland das Referat für Sportpsychiatrie und Sportpsychotherapie. Vor vier Jahren wurde auch in Österreich die Arbeitsgemeinschaft für Sportpsychiatrie ins Leben gerufen.