Es wurde das erhoffte Spektakel: Das belgische Starensemble rund um Eden Hazard und Kevin De Bruyne konterte die brasilianischen Ballkünstler eiskalt aus. Ein Eigentor brachte Neymar und Co. auf die Verliererstraße.
Das Duell der beiden bisher überzeugendsten Mannschaften dieser WM war nicht nur auf dem Papier ein hochklassiges. In der ausverkauften Kazan-Arena (42.000 Zuschauer) entwickelte sich ein offener Schlagabtausch zwischen Brasilien und Belgien, an dessen Ende sich die Belgier auch dank eines Eigentores mit 2:1 durchsetzten.
Dabei waren es die Brasilianer, die die ersten Akzente setzten. Nach einem Eckball in der achten Minute verhinderte nur die Stange eine Führung durch Abwehrchef Thiago Silva. Es folgten weitere Chancen im Minutentakt für den Rekordweltmeister, kurzzeitig schien es, als hätte diese hochgelobten belgische goldene Generation in der Seleção ihren Meister gefunden.
Dass Brasiliens Teamchef Tite im defensiven Mittelfeld aber auf den gelbgesperrten Casemiro verzichten musste, sollte sich rächen. Ersatzmann Fernandinho kam mit den spielstarken Belgiern kaum zurecht. Gleich zu Beginn hatte ihn Kevin De Bruyne, sein Klubkollege von Manchester City, stehen gelassen (2.), dann brachte er Brasilien auch noch auf die Verliererstraße: Nach einem Eckball beförderte der Pechvogel den Ball zur belgischen Führung über die eigenen Torlinie (14.). Erstmals war Brasilien bei diesem Turnier in Rückstand geraten.
Für die Belgier ein perfekter Spielverlauf. Sie konnten nun ihr Umschaltspiel und damit ihre große Spezialität zelebrieren. Wenn Thomas Meunier den Stanglpass an den Mann bringt (21.), wenn Romelu Lukaku auch am letzten Mann vorbeikommt (23.) und De Bruyne eine bessere Flanke gelingt (26.), hätte es längst 2:0 stehen können.
Nach einem brasilianischen Eckball war es dann aber soweit: Einen mustergültigen Konter vollendete De Bruyne mit einem satten Schuss aus knapp 20 Metern, der in Russland bisher so unterbeschäftigte Schlussmann Alisson war völlig chancenlos.
Neymar fällt
De Bruyne, der dieses Mal offensiver ans Werk gehen durfte als zuletzt und nun schon der neunte belgische Torschütze bei dieser WM ist, gab gemeinsam mit dem überragenden Eden Hazard den Strategen der belgischen Konterattacken. Die Hintermannschaft rund um Abwehrchef Vincent Kompany konnte sich indes immer besser auf die Brasilianer einstellen. Vor allem der neu in die Startelf gerückte Marouane Fellaini eroberte Ball um Ball.
Brasiliens Superstar Neymar hingegen kam in Hälfte eins überhaupt nicht zur Geltung, weder bei Dribblings noch bei Schauspieleinlagen. Auch die Chancen seiner Kollegen waren allesamt nicht zwingend, Belgiens Goalie Thibaut Courtois entschärfte gegen Barcelona-Star Coutinho noch die gefährlichste (37.). Sein Gegenüber Alisson hatte vor der Pause bei einem Freistoß von De Bruyne (41.) und einem Fersler von Kompany (42.) weit mehr zu tun.
In Halbzeit zwei dasselbe Bild: Brasilien drängte, vor allem der wieder genesene Linksverteidiger Marcelo wirbelte. Neymar versuchte einmal mehr, einen Elfmeter herauszuschinden, die Pfeife des serbischen Referees Milorad Mažić blieb aber ebenso stumm wie wenig später, als Gabriel Jesus zu Boden ging (53.).
Erst in der 76. Minute gelang dem eingewechselten Renato Augusto der Anschlusstreffer. Zu spät. Denn während Firmino (78.), Augusto (81.) und Coutinho (84.) vergaben, konterte Belgien munter weiter. Der 2:1-Sieg war angesichts dieses Spielverlaufs keine Überraschung mehr. Im ersten WM-Halbfinale seit 1986 wartet nun Frankreich auf das belgische Starensemble. Brasilien hatte seit über zwei Jahren keine zwei Gegentreffer mehr in einer Partie kassiert, der Rekordweltmeister tritt die Heimreise an.
(joe)