Der Zwist zwischen CDU und CSU beschert der AfD gute Umfragewerte, die derzeit gleichauf mit der SPD liegt. Innenminister Horst Seehofer will ein Signal senden, "dass sich illegale Migration nicht lohnt".
Berlin/Wien. Horst Seehofer, Deutschlands Innenminister, erwartet nach dem Asylkompromiss der Großen Koalition einen spürbaren Rückgang der Asylbewerberzahlen. „Wir senden damit das Signal in die Welt, dass sich illegale Migration nicht mehr lohnt“, sagte der CSU-Chef in einem Interview mit der „Bild am Sonntag“.
Entscheidend sei, dass die Regierung endlich handle und Personen, die schon in anderen EU-Mitgliedstaaten einen Asylantrag gestellt haben, dorthin zurückweise. „Das gab es in den vergangenen Jahren nicht“, so Seehofer. Dass die geplanten Maßnahmen nur relativ wenige Migranten beträfen, sei zweitrangig.
Zu möglichen neuen Grenzkontrollen sagte Seehofer: „Das neue Grenzregime gilt an der gesamten deutsch-österreichischen Grenze. Wir kontrollieren wie bisher an den bekannten Grenzübertrittsstellen. Es kann aber auch an jeder anderen Stelle dieser Grenze kontrolliert werden – der Einsatz der Bundespolizei erfolgt dabei situativ und flexibel.“ Seehofer zeigte sich optimistisch, Abkommen mit anderen EU-Staaten zur Rücknahme dort bereits registrierter Asylbewerber erreichen zu können. „Niemand sollte darauf setzen, dass es nicht zu bilateralen Abkommen kommt.“ Hier setzt er Hoffnungen in Griechenland und Italien. Auch Bayerns Innenminister, Joachim Herrmann, spricht in einem Interview davon, die Kontrollen an der Grenze zu Österreich auszuweiten.
Ansehen der Politik beschädigt
Durch das neue Asylpaket rechnet Seehofer mit einem Rückgang der Zustimmung zur AfD: „Die AfD wird wieder schwächer werden, wenn die Menschen erkennen, dass wir die für den Aufstieg der AfD ursächlichen Probleme anpacken und lösen. Und da sind wir jetzt auf einem sehr guten Weg“, sagte dieser.
Aktuelle Umfragen sprechen aber eine andere Sprache: Laut einer Erhebung hat der Asylstreit zwischen CDU und CSU allerdings allen Koalitionsparteien in der Wählergunst geschadet und der AfD einen Höhenflug beschert. Laut einer Umfrage für die „Bild am Sonntag“ steigt die AfD um drei Punkte auf den Rekordwert von 17 Prozent. Sie ist damit erstmals so stark wie die SPD, die um zwei Zähler nachgibt. Auch die CDU/CSU verliert zwei Punkte, nur noch 30 Prozent würden zurzeit die Union wählen. Das ist der schlechteste Wert in dieser Umfrage seit November.
Besonders schlecht kommt in der Umfrage Horst Seehofer selbst weg: 69 Prozent der Deutschen sagen, der CSU-Chef habe dem Ansehen der Politik geschadet; 19 Prozent sehen das nicht so. 41 Prozent meinen, Seehofer sollte Innenminister bleiben; 48 Prozent sind jedoch dagegen. 46 Prozent der Deutschen sagen, auch Deutschlands Bundeskanzlerin, Angela Merkel (CDU), habe dem Ansehen der Politik geschadet; 49 Prozent stimmen dem allerdings nicht zu.
Der Umfrage zufolge finden 67 Prozent der Deutschen den Umgang von CDU und CSU miteinander unanständig. Im Streit über die Asylpolitik ist zeitweise sogar ein Bruch des Fraktionsbündnisses der Unionsparteien befürchtet worden. Mittlerweile hat sich die Große Koalition aus CDU, CSU und SPD aber auf einen Kompromiss geeinigt. (ag.)
("Die Presse", Print-Ausgabe, 09.07.2018)