Asylstreit: Deutscher Präsident kritisiert schlechten Stil

Frank-Walter Steinmeier sieht die politische Kultur in Deutschland gefährdet.
Frank-Walter Steinmeier sieht die politische Kultur in Deutschland gefährdet.imago/Nordphoto
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Steinmeier fordert wieder mehr Vernunft in der Debatte. Die Regierung möge sich wieder den drängenden Problemen der Menschen widmen.

Der deutsche Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hat deutliche Kritik am Stil des jüngsten Asylstreits in der Regierungskoalition geübt und diese aufgefordert, sich wieder den drängenden Problemen der Menschen zu widmen. Dass viele Bürger in dem erbittert geführten Streit eine Beschädigung der Politik und teils der Demokratie gesehen hätten, dürfe man nicht beiseiteschieben, sagte Steinmeier am Sonntag im ZDF-Sommerinterview. Ihn hätten Anrufe besorgter ausländischer Staatspräsidenten erreicht, aber auch Briefe vieler teils empörter Bürger. Er habe daraufhin versucht deutlich zu machen, "dass das Folgen hat, was wir hier erlebt haben, für die politische Kultur". Die Politik müsse zurück zu einer Auseinandersetzung, die respektvoll sei.

"Ich glaube, wir müssen zurück zur Vernunft einer Debatte, die uns in 70 Jahren bundesdeutscher Geschichte eigentlich stabilisiert hat", so Steinmeier. Die Politik müsse sich jetzt wieder auf die drängenden Probleme der Zukunft konzentrieren. Viele Menschen fühlten sich vernachlässigt mit ihren Problemen, mit Themen wie Rente oder Pflege.

EU dürfe sich nicht immer nur mit sich selbst beschäftigen

Auch der deutschen Rolle als Stabilitätsanker in Europa habe die Regierungskrise nicht genützt, ergänzte der Bundespräsident. Deutschland müsse weiter dafür werben, dass "wir auf einem gemeinsamen europäischen Weg bleiben". Europa sollte sich aber mit Blick auf die protektionistische Politik von US-Präsident Donald Trump klarmachen, dass es selbst mehr Verantwortung übernehme müsse. "Die Europäer sollten sich nicht erschöpfen in Empörung gegenüber der amerikanischen Administration", warnte Steinmeier. "Das, was ich in Europa wirklich als bedrohlich empfinde, ist, dass wir uns jetzt schon seit sieben Jahren vornehmlich mit uns beschäftigen". Damit müsse Schluss sein. Europa müsse seine Rolle in der Welt selbstbewusster wahrnehmen.

(Reuters)

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