Esterhazy: Eine Biolandwirtschaft mit adeligen Wurzeln

Matthias Grün entstammt einer Waldviertler Bauernfamilie, kümmert sich nun aber als eine Art Gutsdirektor um das Bio-Landgut Esterhazy.
Matthias Grün entstammt einer Waldviertler Bauernfamilie, kümmert sich nun aber als eine Art Gutsdirektor um das Bio-Landgut Esterhazy.(c) Clemens Fabry
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Ein Biobauernhof muss nicht immer klein und beschaulich sein. Das Bio-Landgut Esterhazy bewirtschaftet knapp 6000 Hektar Ackerflächen, hält Angusrinder und Hühner.

Dass eine Hofbesichtigung mit einem Auto absolviert wird, ist nichts Ungewöhnliches. Meist handelt es sich dabei aber eher um ein – nennen wir es – Nutzfahrzeug, in dem sich so einiges an Werkzeug (um nicht zu sagen Kramuri) findet, das der Bauer ebenso braucht, wenn er eine Kontrollrundfahrt macht. Ein schicker SUV einer gehobenen Automarke ist hingegen eher selten anzutreffen. Genauso selten wie ein Bauer im Anzug – abseits des sonntäglichen Kirchgangs.

Aber bei dieser Landwirtschaft handelt es sich auch um keine gewöhnliche Landwirtschaft, sondern um eine, die einer Adelsfamilie entsprungen ist und auch Stiftungen, Stakeholder und Vorstandsvorsitzende vorzuweisen hat. Einer davon, Matthias Grün, entsteigt seinem gut klimatisiertem Wagen und lädt die „Presse am Sonntag“ zu einer Rundfahrt ein. Das Bio-Landgut Esterhazy, das zur Esterhazy Gruppe gehört, hat seinen Hauptstandort (neben jenem in Apetlon) im Seehof Donnerskirchen. Erst Mitte Juni wurden hier die ersten Biofeldtage abgehalten, eine Art Leistungsschau der biologischen Landwirtschaft. Immerhin versteht sich das Biolandgut als eine Art Leitbetrieb in Sachen biologischer Landwirtschaft.

Keine falsche Romantik

„Bio und Größe muss sich nicht ausschließen. Biolandwirtschaft wird oft völlig falsch romantisiert“, sagt Grün. Er selbst entstammt einer Waldviertler Bauernfamilie. Den Betrieb (20 Hektar, 20 Milchkühe) führt er nach wie vor, vorwiegend mit Unterstützung seiner Familie.

Das Bio-Landgut Esterhazy spielt da schon in einer anderen Liga und bewirtschaftet mehrere Tausend Hektar. Grün muss ein bisschen ausholen, um das zu erklären. Die Familie Esterhazy betreibe seit rund 400 Jahren im Burgenland Landwirtschaft. „Mit der Mechanisierung wurden viele Höfe verlassen. Die Familie Esterhazy hat dann begonnen, die Höfe zu verpachten. Der Deal war, dass die Pächter die Höfe bekommen, dafür aber die historischen Gebäude erhalten müssen.“ Das habe nicht immer funktioniert. Vor rund 25 Jahren habe man also mit der Rücknahme der Flächen begonnen und diese selbst, beziehungsweise über Partner, bewirtschaftet. „Der nächste Richtungsentscheid war dann 2002/2003, als wir auf Bio umgestellt haben.“ 2006 kam die Tierhaltung in Form von Angusrindern und Hühnern dazu. Der Schwerpunkt liegt aber immer noch auf Biogetreide und Weizen, aus dem auch eigenes Brot gemacht wird, und auf anderen Ackerfrüchten (Sonnenblumen und Kürbisse, die zu Öl gemacht werden, oder auch Braugerste).

Der gesamte Grundbesitz der Esterhazy Gruppe beträgt etwa 44.000 Hektar, bei der Hälfte davon handelt es sich um Forstwirtschaft. „Die andere Hälfte ist der Landwirtschaft zugeordnet, ein großer Teil sind aber der Neusiedler See, der Schilfgürtel und nicht agrarische Flächen.“ Mit Grünfläche käme man so auf 6500 Hektar, ohne Grünfläche auf 5600 Hektar. Und davon wiederum bewirtschaftet das Biolandgut 2100 Hektar selbst. „Wir arbeiten viel mit Universitäten und Forschungseinrichtungen zusammen, vor allem mit dem Fibl, dem Forschungsinstitut für biologischen Landbau. Wir verstehen uns deshalb auch als Leitbetrieb, der eine gewisse Vorreiterrolle hat – was bei dieser Größe auch gut funktioniert“, erklärt Grün und führt zu einer Versuchsanlage, auf der 160 verschiedene Sorten angebaut wurden. „Das war das Herzstück der Biofeldtage. Hier wird nichts beschönigt, nicht bewässert. Da kann man sich auf einer großen Fläche anschauen, wie sich die einzelnen Sorten entwickeln.“

Kaum hat man das Auto verlassen, bläst einem ein Wind um die Ohren, den man so im gebauten Gebiet niemals vorfindet. Wind und die durch ihn verursachte Erosion seien hier ein wichtiges Thema, erklärt Grün. Nicht nur deshalb braucht es die Hecken, die die Feldabschnitte unterteilen. „Sie sind ein wichtiger Lebensraum für Tiere und verhindern, dass Spritzmitteln von benachbarten konventionellen Betrieben eingebracht werden.“

Neben dem Wind spielt auch das Wasser oder besser gesagt die Trockenheit eine große Rolle. „Wir haben hier ein Klima, das vielen Regionen erst bevorsteht.“ Der Betrieb hat deshalb oft Besuch von Kollegen aus anderen Bundesländern oder aus dem Ausland.

Grün kommt bei der Hofrundfahrt immer wieder auf den Naturschutz und die ganzheitliche Sichtweise zu sprechen, die sich nicht nur auf die Kreislaufwirtschaft bezieht, sondern auch die Forst- und Jagdwirtschaft berücksichtigt. „Da zum Beispiel“, sagt Grün und legt den Retourgang ein, um auf einen Begrünungsstreifen zu deuten. Das, was für den Laien so aussieht, als hätte der Bauer vergessen, hier etwas anzupflanzen, ist nämlich ein wichtiger Beitrag zum Naturschutz. So gibt es immer wieder Zonen, die den Tieren als Lebensraum dienen, Nahrung liefern und auch die richtige Fluchtdistanz haben, um sich vor Feinden zu schützen. Seit darauf geachtet wird, werden mehr Rebhühner, aber auch „nicht jagbare Tiere“ gesichtet.

Auch bei den Hecken finden sich solche Begrünungsstreifen. Eine Stufigkeit sei wichtig. „Abrupte Übergänge und scharfe Kanten sind ein großes Problem unserer Kulturlandschaft.“ Das, was für den Menschen ordentlich erscheint, ist für Tiere ein kaum nutzbarer Lebensraum. Es brauche fließende Übergänge zwischen den Feldern und einer wild wachsenden Hecke, damit sich Tiere hier verstecken können. Einfach sei es nicht, solche Aspekte in den Betriebsalltag einzubauen. Man müsse etwa die Traktoren darauf einstellen, die „mit zwei Zentimetern Genauigkeit arbeiten“.

Weiter geht es zu den Angusrindern, die in erster Linie den Schilfgürtel zurückdrängen, der sich sonst sehr schnell ausbreiten und landwirtschaftliche Flächen einnehmen würde. Auch hier gibt es einen Kreislauf. Das Schilf wird geerntet und vorwiegend für den holländischen Dachbau verwenden. „Das, was nachwächst, eignet sich gut als Futterpflanze.“ Der Mist der Rinder wird zur Humusanreicherung verwendet. Und die Tiere dienen als Lieferant für Frischfleisch und veredelte Produkte. Für die Herstellung der hauseigenen Produkte – von Brot über Bier bis zu Wurst und Fleischprodukten – arbeite man jeweils mit Partnern zusammen. „Die Produkte sind unsere Markenbotschafter“, meint Grün. Auch das ist ein Satz, den man von einem gewöhnlichen Bauern eher selten hört.

Auf einen Blick

Bio-Landgut Esterhazy
Der landwirtschaftliche Betrieb der Esterhazy Gruppe bewirtschaftet im Burgenland 5600 Hektar. Seit Kurzem tritt das Biolandgut unter der Dachmarke Pannatura auf. Die Produkte (Brot, Mehl, Wildbret, Fleisch, Wurst, Öle) werden über www.pannatura.at oder in der Markthalle Kulinarium Burgenland in Eisenstadt verkauft (www.markthalle-burgenland.com).

("Die Presse", Print-Ausgabe, 15.07.2018)

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