Die Regierungspartei Zanu-PF bleibt an der Macht und wird wohl auch nach der Mugabe-Ära den Präsidenten stellen. Die Opposition wähnt Wahlmanipulation. In Harare schoss die Armee auf Demonstranten, es gab Todesopfer.
Harare/Kapstadt. Am Dienstag noch hatten Fernsehbilder feiernde Anhänger der Oppositionspartei „Movement for Democratic Change“ (MDC) vor der Parteizentrale in Simbabwes Hauptstadt Harare gezeigt. Ihr Präsidentschaftskandidat, Nelson Chamisa, hatte von einem „deutlichen Sieg“ bei den Wahlen vom Montag gesprochen. Ein laut Gesetz strafbarer Verstoß gegen die Wahlbestimmungen, schließlich lief die Auszählung der Stimmen noch. Nur die Wahlkommission hat das Recht, einen Sieger auszurufen.
Am Mittwoch wichen die Bilder jubelnder MDC-Wähler denen von gewaltsamen Unruhen in der Innenstadt. Die Wahlkommission hatte bekannt gegeben, dass die Regierungspartei Zanu-PF bei den Parlamentswahlen 144 Sitze errungen habe, die MDC dagegen nur 61. Zwar waren da noch drei Sitze offen, aber die Zanu-PF hat die für Verfassungsänderungen notwendige Zweidrittelmehrheit sicher. Die Armee ging am Nachmittag gegen Steinewerfer vor, die offenbar die MDC unterstützt hatten. Berichten zufolge dürften mindestens drei Personen erschossen und mehrere verletzt worden sein.
Kritik von EU-Beobachtern
Damit gilt es als wahrscheinlich, dass es auch auf dem Präsidentschaftsposten keine Veränderung geben wird. Der Ausgang der Präsidentenwahl war zwar am Mittwochabend noch nicht bekannt gegeben, doch angesichts des klaren Ergebnisses der Parlamentsvotums läuft auch hier alles auf den Amtsinhaber und Zanu-PF-Spitzenkandidaten Emmerson Mnangagwa hinaus.
Es war die erste Wahl nach der Ära von Robert Mugabe, der im November 2017 von seinem langjährigen Steigbügelhalter und Verteidigungsminister Mnangagwa zum Rücktritt gezwungen worden war. Und sie weckte wenig Hoffnung auf einen wirklichen Neuanfang. Die MDC berichtete, dass nach dem Urnengang bei einem Fünftel der Wahlstationen die Ergebnisse nicht, wie vorgesehen, außerhalb des Gebäudes aufgehängt wurden. Man werde „die Stimme des Volkes verteidigen“, wiegelte Chamisa am Mittwoch auf Twitter auf.
Die Wahlbeobachter der EU, die erstmals seit 16 Jahren wieder zugelassen waren, kritisierten die Wahlkommission für eine „zeitweilige Einseitigkeit“ und für die verzögerte Bekanntgabe des Ergebnisses der Präsidentschaftswahlen. Während die Staatengemeinschaft des südlichen Afrika, SADC, von „weitgehend friedlichen und ordnungsgemäßen“ Wahlen sprach, sah die Afrikanische Union „Raum für Verbesserungen“. Es muss befürchtet werden, dass erneut eine wichtige Wahl in Afrika wochenlang umstritten bleiben wird. Im vergangenen Jahr hatte sich in Kenia der Wahlverlierer Raila Odinga geweigert, das Resultat anzuerkennen und erwirkte vor Gericht eine Wiederholung, zu der er dann nicht antrat.
Chamisa muss sich auch eigene Fehler ankreiden lassen. Mit gerade einmal 40 Jahren schickte sich der Anwalt und Prediger an, der jüngste Präsident des Kontinents zu werden. Doch es gelang ihm nicht, die Opposition zu vereinen. Zudem wurde ein Treffen mit der langjährigen Zanu-PF-Gallionsfigur Mugabe publik, was zur bizarren Situation führte, dass er von Mnangagwa per Fernseh-Ansprache als Marionette des langjährigen Diktators dargestellt wurde. Ein absurder Vorwurf, schließlich war Chamisa, der schon im Alter von 25 Abgeordneter wurde, einst von Mugabes Sicherheitsleuten zusammengeschlagen worden. Er überlebte damals einen Schädelbruch nur knapp.
Doch wirklich überzeugend war sein Wahlkampf selten. Auf Twitter implizierte er mit dem Hashtag #GodIsInIt, sein Sieg sei Gottes Wille. Er versprach die Einführung eines Hochgeschwindigkeitszuges und die Bewerbung für die Olympischen Spiele, was der nahezu bankrotten Agrarnation, wo 80 Prozent arbeitslos sind, wohl kaum weiterhelfen dürfte.
Auch Mnangagwa hat die Aufbruchsstimmung, von der nach seiner Machtübernahme auch weiße Unternehmer in Simbabwe berichteten, inzwischen weitgehend eingebüßt. Zwar gab er der Zivilgesellschaft mehr Entfaltungsmöglichkeiten, doch die Wirtschaftsreformen, die für dringend benötigte Kredite von Weltbank und Internationalem Währungsfonds Voraussetzung sind, kamen nicht in Schwung. Das Land hat 20 Milliarden Dollar Auslandsschulden. Sie meisten Raten sind seit Jahren nicht mehr bezahlt worden.
Für Investoren zu unsicher
Zu viele Zanu-PF-Politiker und Generäle verdienen an den Staatsfirmen, die dringend entrümpelt werden müssten. Auch bei den Eigentumsrechten gibt es nicht genug Bewegung. So wird Agrarland derzeit überwiegend mit 99 Jahre gültigen Leasingverträgen vergeben. Ohne Eigentum als Sicherheit gewähren aber nur wenige Banken die für den Farmbetrieb überlebenswichtigen Kredite. Die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen sind vielen Investoren zu unsicher.
Dennoch scheint sich die Zanu-PF an der Macht halten zu können. Sie bekam vor allem in ländlichen Gegenden viele Stimmen, wo noch immer Zweidrittel der Simbabwer leben. Dort hat die einstige Befreiungsorganisation mehr Rückhalt als in den Städten. Aus den Dörfern werden aber auch seit Jahren die meisten Einschüchterungsversuche gemeldet.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 02.08.2018, APA/AFP)