Simbabwe: Das „Krokodil“ hat zugeschnappt

Fans von Emmerson Mnangagwa bejubeln dessen Sieg bei der Präsidentenwahl im 16-Millionen-Einwohnerland Simbabwe.
Fans von Emmerson Mnangagwa bejubeln dessen Sieg bei der Präsidentenwahl im 16-Millionen-Einwohnerland Simbabwe.APA/AFP/LUIS TATO
  • Drucken

Emmerson Mnangagwa, genannt das „Krokodil“, war ewig die Nummer zwei hinter dem Despoten Robert Mugabe. Im Vorjahr putschte er, jetzt gewann er die Präsidentenwahl.

Harare. Von einem Aufbruch, von einem Neuanfang kann keine Rede sein in Simbabwe. 75 Jahre schon zählt Emmerson Mnangagwa, der ewig die Nummer zwei hinter dem Despoten Robert Mugabe war. Im Vorjahr dann schnappte das „Krokodil“, wie man ihn nennt, zu: Er putschte den greisen Langzeitherrscher mithilfe des Militärs sanft von der Macht. Und nun ließ sich Mnangagwa vom Volk als Präsident des einst so reichen Landes im Süden Afrikas bestätigen.

50,8 Prozent der Stimmen entfielen auf den amtierenden Staatschef. So gab es die Wahlkommission bekannt. Ob das Gremium unabhängig zu nennen ist? Es gibt da gehörige Zweifel. Denn dem Vorsitzenden werden enge Bande zur Regierungspartei Zanu-PF nachgesagt, auch mit Militärangehörigen ist die Kommission reichlich durchsetzt.

Die Opposition spricht von Wahlbetrug. „Wir akzeptieren die Ergebnisse nicht“, sagte eine Sprecherin der Partei MDC. Deren Kandidat, der jugendliche Nelson Chamisa, kam offiziellen Angaben zufolge auf 44,3 Prozent. Der 40-Jährige will den Urnengang anfechten. Doch er selbst fügte der kämpferischen Ansage hinzu, dass dies einem Gang in die Löwengrube gleichkomme.

EU-Beobachter: Freie Wahl

Die 140 EU-Wahlbeobachter, die im weiten Land unter der Führung des deutschen EU-Parlamentsabgeordneten Elmar Brok ausgeschwärmt waren, gaben indes grünes Licht. Sie beanstandeten zwar unfaire Ausgangsbedingungen, weil die Regierungspartei staatliche Ressourcen genutzt und die amtlichen Medien einseitig berichtet hätten. Doch insgesamt bezeichneten die europäischen Wächter die Abstimmung als frei. Scharf indes verurteilte Brok die blutige Niederschlagung der Proteste am Mittwoch nach Bekanntgabe der Resultate der Parlamentswahl am Mittwoch, denen zufolge die Regierungspartei eine satte Zweidrittelmehrheit holte. „Da wurde bewusst eskaliert, um den Widerstand zu unterdrücken“, sagt Brok zur deutschen „Nordwest-Zeitung“.

Mindestens sechs Menschen starben bei den Demonstrationen. Die Sicherheitskräfte gingen hart vor, setzten Wasserwerfer, Gummigeschoße, Tränengas und scharfe Munition ein.

Mugabe unter Hausarrest

Es schien alles wieder wie früher, als Mugabe das Land führte. Heute steht der 94-Jährige unter Hausarrest in seiner Villa im Nobelviertel von Harare, mit seiner umstrittenen, 39 Jahre jüngeren Frau, Grace, an seiner Seite.

Mnangagwa hatte Schulter an Schulter mit Mugabe gegen die britischen Kolonialherren gekämpft. 1980 gelang die Befreiung. Das ehemalige Rhodesien wurde unabhängig, es wurde zu Simbabwe. Doch in den 90er-Jahren verflogen die Hoffnungen, trotz des reichen Ackerlands, trotz des Goldes und all der touristischen Attraktionen. Mugabe ließ die weißen Farmer enteignen und glitt immer tiefer in die Autokratie ab. Misswirtschaft, Korruption und Hyperinflation lähmten das Land. Ein Exodus setzte ein. Wer konnte, ging, vor allem die gut Ausgebildeten, die Ärzte und Akademiker.

In all den Jahren des Niedergangs hatte Mnangagwa dem ehemaligen Lehrer Mugabe treu gedient, als Vize-Präsident, Verteidigungs- und Justizminister. Nach 2000 war er treibende Kraft bei den fatalen Enteignungen. Als Sicherheitsminister gilt er als mitverantwortlich für „Gukuharundi“, die Massaker, bei denen in den 80er-Jahren Tausende Menschen starben.

An seinen Händen klebt Blut. Das thematisierte im Wahlkampf auch Oppositionsführer Chamisa. Doch als ganz glaubwürdig empfanden ihn die Wähler offenbar auch nicht. Sein Pakt mit ehemaligen Anhängern Mugabes erzielte nicht die erhoffte Wirkung.

Am Ende dürften die Simbabwer Mnangagwa am ehesten zugetraut haben, für Ruhe zu sorgen und Investoren anzulocken. Seine Vergangenheit sahen sie ihm nach. Es zählte, dass er Mugabe vom Präsidentensessel gestoßen, einen Neuanfang ermöglicht hatte.

Das erhofft sich auch das Ausland. Südafrikas Präsident, Cyril Ramaphosa, appellierte an die Bevölkerung im Nachbarland, das Wahlergebnis zu akzeptieren. Das Geschäft soll wieder anlaufen. Zu tun gibt es genug. Die Wirtschaftsleistung des rohstoffreichen Landes ist heute mit 900 Dollar pro Kopf niedriger als 1980. (red.)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 04.08.2018)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

Tendai Biti wurde verhaftet.
Außenpolitik

Simbabwe: Opposition im Visier

Der prominente Oppositionelle Tendai Biti wollte außer Landes fliehen und wurde verhaftet.
Großer Jubel bei den Anhängern von Emmerson Mnangagwas Regierungspartei Zanu-PF.
Außenpolitik

Präsidentenwahl: Simbabwe kommt nicht zur Ruhe

Wahlsieger Mnangagwa zeigt sich versöhnlich, die Justiz geht gegen Oppositionelle vor.
Polizei stürmt Oppositionszentrale nach Ausschreitungen in Harare
Weltjournal

Harare: Polizei stürmt Oppositionszentrale

Die Zahl der Opfer nach den Krawallen in Simbabwe ist auf sechs gestiegen. Nach der Bekanntgabe der Wahlergebnisse war es am Mittwoch zu Ausschreitungen gekommen.
Außenpolitik

Simbabwe: Das "Krokodil" bleibt an der Macht

Staatschef Emmerson Mnangagwa gewinnt die erste Wahl nach dem Sturz von Langzeitpräsident Mugabe. Die Opposition lehnt den Wahlausgang ab. Sie ortet Betrug.
In der Hauptstadt protestierten Oppositionsanhänger gegen den Sieg der Regierungspartei bei den Parlamentswahlen.
Außenpolitik

Warum Simbabwe den Neuanfang verpasst

Die Regierungspartei Zanu-PF bleibt an der Macht und wird wohl auch nach der Mugabe-Ära den Präsidenten stellen. Die Opposition wähnt Wahlmanipulation. In Harare schoss die Armee auf Demonstranten, es gab Todesopfer.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.