ÖVP und FPÖ beschwören mehr Gewaltschutz, weniger Lesezirkel. Die Ministerin nennt sich selbst eine „pragmatische Feministin“. Ein konservatives Spiel mit moderner Begleitmusik? Was die Regierung mit den Frauen vorhat.
Wien. Die Frauenpolitik der ÖVP dreht sich gerade weniger um ein Thema, sondern um eine Person: Juliane Bogner-Strauß. Die steirische Molekularbiologin hat neben der Verantwortung für das Familien- und Frauenministerium künftig auch die Obfrauschaft der ÖVP-Frauen inne. Sie nennt sich selbst eine „pragmatische Feministin“, für ihre Parteikolleginnen ist sie ein Vorbild dafür, wie man Karriere und Familie vereint. So weit, so progressiv: Junge ÖVP-Politikerinnen wollen eine „liberale, weltoffene“ Frauenpolitik machen. Sagen sie.
Was tatsächlich in den vergangenen Monaten passierte, war etwas, was Expertinnen, Aktivistinnen und Oppositionspolitikerinnen Retropolitik nennen. Sie zählen auf: konservative Familienbilder im Regierungsprogramm, die Verbindung von Familien- und Frauenagenden in einem Ministerium, die aufgehobene Verordnung zur Gleichstellung als Unterrichtsprinzip, die Streichung des Binnen-I beim Heer, Kürzungen bei den Familienberatungsstellen, beim Bundeszuschuss für den Ausbau der Kinderbetreuung in den Ländern, bei Fraueninitiativen – ein Opfer von Gewalt brauche keinen Lesezirkel, meinte die Ministerin, sondern Schutz.