Nicht die echten, sondern die Original Mozartkugeln

Doris und Martin Fürst betreiben in fünfter Generation die Konditorei Fürst (die sechste ist auch schon da, allerdings erst seit elf Jahren).
Doris und Martin Fürst betreiben in fünfter Generation die Konditorei Fürst (die sechste ist auch schon da, allerdings erst seit elf Jahren). (C) hannelore-kirchner.com
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Seit 1890 werden in der Konditorei Fürst in der Salzburger Altstadt die Original Mozartkugeln produziert. Verändert wurde seitdem weder die Rezeptur, noch die Herstellung.

Martin Fürst ist den Trubel gewohnt. Er posiert in aller Ruhe mit seiner Frau Doris Fürst vor dem kleinen Konditoreigeschäft im Ritzerbogen und wartet. Es dauert nämlich, bis die Menschenmasse, die sich an einem Montagvormittag durch den kleinen Durchgang in der Salzburger Altstadt drängt, endlich einmal abreißt – und die Fotografin ihr Bild hat. Den Konditormeister stört das nicht, immerhin bleiben immer wieder Menschen vor der blau dekorierten Auslage stehen, betrachten die Original Mozartkugeln und treten in das winzige Geschäft, um etwas für zuhause mitzunehmen. Immerhin gibt es die Original Mozartkugeln nur in Salzburg, wie Herr Fürst gar nicht oft genug betonen kann.

Die Mozartkugeln werden mit einem Stäbchen in Schokolade getunkt, das entstandene Loch wird anschließend mit Schokolade verschlossen.
Die Mozartkugeln werden mit einem Stäbchen in Schokolade getunkt, das entstandene Loch wird anschließend mit Schokolade verschlossen.(c) hannelore-kirchner.com

Er betreibt gemeinsam mit seiner Frau in bereits fünfter Generation die Konditorei Fürst, die für die blau-silber verpackten Mozartkuglen berühmt ist. Die beiden sind nicht nur den Festspieltrubel und die immer mehr werdenden Städtetouristen gewohnt. An die 100 Journalisten und 20 Kamerateams besuchen jedes Jahr die Konditorei. Herr Fürst nimmt sich dennoch gerne die Zeit, um über die Geschichte und Besonderheit des Produkts zu plaudern. Nur die Produktion kann er nur beschränkt herzeigen, das wolle er seinen Mitarbeiterinnen nicht mehr antun. Immerhin wird hier immer noch in dem kleinen Raum produziert, in dem sein Ururgroßvater einst die Nascherei erfunden hat. 1890 war das, zu einer Zeit, als die Stadt gerade ihren großen Sohn – rund 100 Jahre nach dessen Tod – entdeckte. „Die Mozartkugel war nicht das erste Mozartprodukt, in den 1850er-Jahren ist es mit Mozartprodukten losgegangen, 1842 wurde das Mozart-Denkmal enthüllt“, sagt er auf dem Weg vom Ritzerbogen zum Alten Markt. Dort befindet sich das Stammhaus der Konditorei mit den Produktionsräumen. Patentieren hat sich sein Ururgroßvater das Produkt allerdings nicht lassen. Was gar nicht so schlecht ist, wie Fürst verrät. Denn die rot-goldenen Mozartkugeln – allen voran vom industriellen Hersteller Mirabell – stören ihn nicht, im Gegenteil. Er profitiert ja davon, denn der Mitbewerber sorgt dafür, dass die Mozartkugel in der ganzen Welt bekannt ist. Wer sich nach Salzburg aufmacht, um auf den Spuren Mozarts zu wandeln, kann dann mit der silber-blauem Süßigkeit das Original entdecken. „Die Städte werden immer gleicher, die Leute sind auf der Suche nach einem speziellen Produkt, das es nur hier gibt“, sagt er.

Die Mozartkugeln werden mit einem Stäbchen in Schokolade getunkt, das entstandene Loch wird anschließend mit Schokolade verschlossen.
Die Mozartkugeln werden mit einem Stäbchen in Schokolade getunkt, das entstandene Loch wird anschließend mit Schokolade verschlossen.(c) hannelore-kirchner.com

Seit 1997 ist die Wortbildmarke registriert. Nur ein Mitbewerber, der der Fürst-Kugel in der Verpackung verdächtig ähnlich war, war ihm ein Dorn im Auge. Aber auch das wurde im Vorjahr mit einem Urteil des Obersten Gerichtshofes beendet. Seitdem darf nur die Konditorei Fürst Original Mozartkugeln in blau-silberner Verpackung verkaufen (die rot-goldenen von Mirabell dürfen sich übrigens Echte Salzburger Mozartkugeln nennen). „Damit waren wir sogar auf der Titelseite der „La Stampa“, obwohl Italien nichts mit der Mozartkugel zu tun hat, aber die Leute interessiert das“, sagt Fürst mittlerweile in der Konditorei angekommen.


3,5 Millionen Mozartkugeln jährlich. Der Erfinder der Mozartkugel, Paul Fürst, stammt aus einer Wundheilerfamilie. Er hat – nach einigen Stationen in Wien, Pest, Paris und Nizza – seine Konditorei 1884 in der Salzburger Altstadt eröffnet. Damals war das noch eine andere Zeit, man war stolz auf den technischen Fortschritt. „Er hat damit geworben, dass er mit Motorenbetrieb arbeitet und auf seinem Briefpapier stand elektrisierter Betrieb.“ Heute hingegen wirbt man mit Handarbeit, die zumindest beim Eintunken der Kugel in die Schokolade angewendet wird.

„Wir stellen ein Originalprodukt nach einem Originalherstellungsverfahren und Originalrezept am Originalstandort her“, sagt Fürst stolz. Den Produktionsrhythmus beschreibt er mit wöchentlich. Jährlich werden 3,5 Millionen Mozartkugeln in der Konditorei von rund 15 Mitarbeitern produziert und ausschließlich an den vier Standorten, sowie seit eineinhalb Jahren auch via Online-Shop verkauft. Er habe laufend Anfragen, die Mozartkugeln doch auch woanders zu verkaufen, aber das wolle er nicht. „Das ist ein Frischeprodukt, wenn ich es woanders verkaufe, müsste ich es anders herstellen, damit es länger hält. Das will ich nicht.“ Meinl am Graben versuche etwa seit 40 Jahren vergeblich, die Mozartkugeln in sein Sortiment aufzunehmen.


Stäbchen zum Trocknen. Das Rezept sei einfach, sagt Fürst: eine Marzipankugel mit Pistazienanteil werde mit Nougat umhüllt. Dann wird die Kugel auf ein Stäbchen gesteckt, in dunkle Schokolade (60 Prozent Kakaoanteil) getunkt. Wenn ebendiese getrocknet ist, wird sie vom Stäbchen genommen und das dadurch entstandene Loch mit Schokolade aus einem Spritzbeutel verschlossen und dann verpackt.

Natürlich sei die Methode mit dem Holzstäbchen aufwendig und zeitintensiv, aber so habe es eben schon der Ururgroßvater gemacht, der dafür 1905 bei der Pariser Ausstellung auch eine Goldmedaille bekommen hat. Er habe lang daran getüftelt, wie man eine runde Kugelform, ohne Fuß (der sich durch das Abstellen der Kugel zum Trocken ergibt) herstellen kann. Also ist er auf das Stäbchen gekommen.

Die Konditorin, die das Eintunken vorzeigt, muss dabei präzise vorgehen. Tunkt sie zu wenig ein, ist die Kugel nicht vollständig bedeckt, tunkt sie zu viel ein und erwischt auch das Stäbchen Schokolade, löst sich die Kugel nicht mehr herunter. Bis zu 1000 Stück pro Stunde schaffen die Konditorinnen. Verpackt wird bereits mit Hilfe einer Maschine. Verkauft wird jedes Stück um derzeit 1,30 Euro – ausschließlich über die Konditorei Fürst. Nur im Dezember ist noch mehr los als zur Festspielzeit im Sommer. Herrn Fürst ist das nur recht, ist doch die Wahrscheinlichkeit, dass ein paar Original Mozartkugeln mit nach Hause genommen werden, dadurch größer.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 26.08.2018)

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