Trump und McCain: Feindschaft über Tod hinaus

In Washington sorgte Trumps Verhalten in beiden politischen Lagern für schwere Irritationen.
In Washington sorgte Trumps Verhalten in beiden politischen Lagern für schwere Irritationen.(c) APA/AFP/BRENDAN SMIALOWSKI/MANDE
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Der Präsident versagt dem republikanischen Senator, der in vielem einen Gegensatz zu ihm verkörpert hatte, eine Würdigung. Auch McCains Abschiedsbotschaft beinhaltete eine Spitze gegen Trump.

Wien/Washington. Der verstorbene US-Senator John McCain hat seine Landsleute in einer posthum veröffentlichten Abschiedsbotschaft zur Überwindung der tiefen politischen Spaltung aufgerufen. "Wir schwächen unsere Größe, wenn wir Patriotismus mit Stammesrivalitäten verwechseln", schrieb McCain in dem Vermächtnis, das sein früherer Wahlkampfmanager Rick Davis am Montag in Phoenix verlas.

Mit "Stammesrivalität" wird in den USA oft die Gegnerschaft der beiden großen Parteien - Republikaner und Demokraten - bezeichnet. Unversöhnliche politische Feindschaft habe "Ressentiments und Hass und Gewalt an allen Ecken der Welt", genährt, beklagte McCain. Er grenzte sich in seiner Abschiedsbotschaft ein letztes Mal von US-Präsident Donald Trump - wie er ein Republikaner - ab: Die USA würden schwächer, "wenn wir uns hinter Mauern verstecken anstatt sie niederzureißen, wenn wir an der Kraft unserer Ideale zweifeln anstatt ihnen zu vertrauen und sie als die größte Kraft für den Wandel zu sehen."

Trump untersagt die Hommage

Die Nachricht vom Ableben John McCains sollte das Weiße Haus am Wochenende nicht unvorbereitet treffen. Stabschef John Kelly und Pressesprecherin Sarah Huckabee-Sanders plädierten für eine offizielle Stellungnahme, die das Lebenswerk und den Heroismus des republikanischen Senators und Vietnam-Veteranen aus Arizona würdigen sollte.

Laut „Washington Post“ untersagte indes Donald Trump die Hommage an seinen erbittertsten innerparteilichen Rivalen. Er werde ihn via Twitter höchstpersönlich ehren, beschied der Präsident seinem Stab. Tatsächlich beschränkte sich das Posting Trumps auf dürre Zeilen des bloßen Beileids für die Familie McCains. Wie zuletzt bei einer Rede in Fort Drum im Bundesstaat New York anlässlich des Gesetzes zur Aufstockung des Militäretats, das den Namen des Vorsitzenden des Militärausschusses des Senats trägt, verzichtete Trump gänzlich darauf, John McCain auch nur zu erwähnen.

Während der Präsident am Sonntag in Golfklub in Virginia eine Runde spielte und sich via Twitter über dieses und jenes ausließ, zollte sein Kabinett – von Vizepräsident Mike Pence, Außenminister Mike Pompeo oder Verteidigungsminister James Mattis abwärts – dem verstorbenen Parteifreund seinen Tribut. In Washington sorgte Trumps Vorgangsweise in beiden politischen Lagern für schwere Irritationen. Dass der Präsident selbst in der Stunde des Todes eines Kritikers nicht die Größe fand, die Rivalität und Verbitterung zu überwinden, ist ein Novum; dass Donald Trump den Ton nicht trifft, indessen nicht.

Beileidsbekundungen aus dem Ausland

Auch aus dem Ausland traf eine Reihe an hochkarätigen Beileidskundgebungen ein – von Angela Merkel, Emmanuel Macron, Theresa May, Kanadas Premier, Justin Trudeau, oder Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg –, die John McCain insbesondere als Säule des transatlantischen Bündnisses und als glühenden Verfechter der Führungs- und Ordnungsmacht USA priesen. McCain demonstrierte seine Verbundenheit mit den europäischen Alliierten jährlich durch seine Teilnahme bei der Münchner Sicherheitskonferenz. Mit den langjährigen Senatskollegen des außenpolitischen Ausschusses, mit den Demokraten Joe Biden und John Kelly, reiste er oft nach Afghanistan und in den Irak – wo sich Trump in seiner 19-monatigen Amtszeit noch nicht einmal bei einem Truppenbesuch sehen ließ. Trump und McCain, der Admiralssohn, waren Gegenpole – nicht zuletzt in ihrer Außenpolitik.

Mit Ausnahme des Präsidenten wird Washington John McCain die Reverenz erweisen, wenn am Freitag im Kapitol und tags darauf in der Kathedrale dessen Leichnam aufgebahrt wird. Womöglich wird Melania Trump, die First Lady, ihren Mann vertreten – wie beim Begräbnis von Barbara Bush im April in Houston, als Donald Trump ebenfalls Persona non grata war.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 28.08.2018)

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