Weber eröffnet Rennen um Juncker-Nachfolge

Manfred Weber: "Wir können so nicht weitermachen."
Manfred Weber: "Wir können so nicht weitermachen."(c) APA/AFP/EMMANUEL DUNAND
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Der CSU-Politiker möchte nächster Präsident der Europäischen Kommission werden. Aber es ist ein langer Weg bis dorthin – mit vielen Mitbewerbern.

Brüssel/Wien. „Wir können so nicht weitermachen. Die Menschen erwarten sich ein besseres Europa.“ Mit diesen Worten bewarb sich Manfred Weber am Mittwoch als nächster Spitzenkandidat der Europäischen Volkspartei (EVP) für die Europawahl und als möglicher Nachfolger von Jean-Claude Juncker. Der Niederbayer hat freilich selbst dieses Europa in Spitzenfunktionen während der vergangenen 14 Jahre mitgestaltet. Ob er 2019 Kommissionspräsident wird, hängt noch von vielen Faktoren ab.

Der CSU-Politiker, der diese Woche an einer EVP-Tagung in Wien teilnimmt, hat sich der Unterstützung der deutschen Bundeskanzlerin versichert. Angela Merkel hatte sich sogar bereit erklärt, auf den Posten eines Chefs der Europäischen Zentralbank zu verzichten, um den Weg für den ersten deutschen Kommissionspräsidenten seit 1967 freizumachen. Sie selbst schränkte allerdings ein: „Wer Spitzenkandidat der EVP ist, kann natürlich im Prinzip und möchte im Prinzip [. . .] auch Präsident der EU-Kommission werden.“ Doch bis dahin müsse man noch viele Schritte absolvieren.

Ein erster erfolgt im November in Helsinki, wenn sich alle EVP-Mitglieder auf einen europäischen Spitzenkandidaten einigen müssen. Weber könnte dort unter anderem gegen Michel Barnier antreten müssen. Der französische Ex-Minister und Brexit-Verhandler ist vor fünf Jahren nur knapp Jean-Claude Juncker unterlegen. Tritt er erneut an, werden ihm gute Chancen zugesprochen. Aber auch der finnische Ex-Regierungschef und Finanzminister Alexander Stubb hat erkennen lassen, dass er ins Rennen gehen möchte.

In einem zweiten Schritt muss die EVP stärkste Partei bei den Europawahlen werden. Denn nur in diesem Fall kann sie auf Unterstützung von Sozialdemokraten und Liberalen bei der Bestellung des nächsten Kommissionspräsidenten zählen. Derzeit sieht es nach einem EVP-Sieg aus. Sie dürfte zwar Mandate verlieren, dennoch mit rund 200 Sitzen erneut stärkste Fraktion werden.

Die Sozialdemokraten rechnen intern angesichts der schlechten Lage, in der sich viele ihrer nationalen Parteien befinden, mit einem Verlust von bis zu einem Drittel ihrer Sitze. Die geringe Zahl sozialdemokratischer Regierungschefs engt zudem die Kandidatenauswahl ein. Die frühere dänische Ministerpräsidentin Helle Thorning-Schmidt wurde schon einmal als Kandidatin gehandelt, musste vor fünf Jahren aber akzeptieren, dass der deutsche EU-Parlamentspräsident Martin Schulz vorgezogen wurde. Aus Dänemark könnte für die Liberalen auch Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager antreten. Sie hat ein Ass im Ärmel: Frankreichs Präsident Macron ist ein Verehrer ihrer Arbeit.

Einige andere häufig genannte Anwärter sind aus persönlichen oder parteipolitischen Gründen eher chancenlos. Federica Mogherini, die italienische Sozialdemokratin und derzeitige Hohe Vertreterin der EU für Außenpolitik, hat, wie man aus ihrem Vertrautenkreis hört, keine Lust auf eine Wahlschlacht. Zudem würde die antieuropäisch gesinnte Regierung Italiens sie ablehnen. Der sozialdemokratische niederländische Vizepräsident der Kommission und frühere Außenminister, Frans Timmermans, ist zwar äußerst erpicht auf den Chefposten. Seine Heimatpartei jedoch wurde voriges Jahr bei den Wahlen fast vernichtet. Dasselbe gilt für Pierre Moscovici, Frankreichs einstigen Finanzminister und heutigen Wirtschafts- und Währungskommissar. Der slowakische Sozialdemokrat Maroš ?efčovič, ebenfalls Vizepräsident der Kommission, ist ein geschickter Karrierekletterer. Aber auch seine Chancen sind gering.

Seitens der Liberalen wird immer wieder der Fraktionsführer und frühere belgische Ministerpräsident Guy Verhofstadt genannt. Doch er ist schon vor fünf Jahren als Spitzenkandidat angetreten und gescheitert.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 06.09.2018)

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