Juristen beraten in Wien über Zweitpässe. Fix sind die Pläne nicht, aber: Südtiroler sollen das Wahlrecht in Österreich erhalten, manche müssen zum Heer.
Wien/Bozen. Es soll eine kleine Wahlkampfhilfe sein, eine Unterstützung unter Volksparteien: Kommenden Samstag wird Sebastian Kurz in Bozen erwartet. Der Bundeskanzler (ÖVP) trifft dort Landeshauptmann Arno Kompatscher und SVP-Chef Philipp Achammer. Kurz vor der Landtagswahl am 21. Oktober soll signalisiert werden: Österreich unterstützt Südtirol. Und es unterstützt vor allem die Südtiroler Volkspartei.
Bisher kam Kurz der Partei allerdings eher in die Quere, was den Wahlkampf betrifft. Denn die Frage, ob und welche Südtiroler eine österreichische Staatsbürgerschaft erhalten sollen, kommt der SVP nicht gelegen. Vor allem jene Gruppen, die in der einen oder anderen Form „Los von Rom“ fordern, machen sich die Pläne in Südtirol zunutze. Kompatscher dürfte also eher weniger erfreut gewesen sein, als es das Thema am Freitag wieder in die Öffentlichkeit schaffte: Eine Expertengruppe traf sich in Wien, um über juristische Details zu sprechen. Laut „Tiroler Tageszeitung“ empfehlen die Juristen vier Gesetzesänderungen, für die keine Zweidrittelmehrheit im Parlament gebraucht wird.
Anspruch auf Sozialleistungen
ÖVP und FPÖ können die Novellen also ohne Unterstützung der anderen Parteien beschließen. Einen fertigen Gesetzesentwurf gibt es allerdings nicht, betonte die Regierung nach einiger Aufregung. Bis dahin sei es sicher „noch ein längerer Prozess“.
Die Rechtsexperten schlagen vor, die Gebühren für die Staatsbürgerschaftsverleihung auf 600 Euro zu reduzieren. Südtiroler mit österreichischem Pass erhalten das Wahlrecht, auch auf EU-Ebene. Wer einen Hauptwohnsitz nördlich des Brenners meldet, hat außerdem Anspruch auf Sozialleistungen – muss aber unter Umständen den Wehrdienst ableisten.
Im Detail wollte niemand in der Regierung diese Vorschläge kommentieren, auch nicht in Südtirol. Man betont aber – in Wien und in Bozen –, dass man die Umsetzung nicht überstürzen sollte.
Bei der Landtagswahl 2013 erreichte die SVP fast 46 Prozent. Sollte ein Teil davon in Zukunft für die ÖVP stimmen, wäre das auch eine kleine Wahlhilfe für Kurz. (ib)
("Die Presse", Print-Ausgabe, 08.09.2018)