Der Namensdeal zwischen Athen und Skopje ist nach dem ungültigen Referendum noch nicht vom Tisch. Mazedoniens Regierung setzt auf die Abstimmung im Parlament. Doch ihre Chancen schwinden.
Zwar stimmte bei dem Volksentscheid in Mazedonien eine überwältigende Mehrheit von mehr als 90 Prozent für das Abkommen mit Griechenland. Doch mit einer Wahlbeteiligung von 34,7 Prozent hat die Regierung des sozialdemokratischen Premiers Zoran Zaev das für die Gültigkeit des Votums nötige Quorum von 50 Prozent klar verpasst. Da das Referendum nur einen beratenden Charakter hatte, ist der Namensdeal mit Athen durch das Verfehlen des Quorums zwar noch keineswegs vom Tisch, doch dürfte dessen Umsetzung auch nicht leichter fallen.
Für Skopje, aber auch Athen stehen weiter hohe Hürden zur Absegnung ihres im Juni geschlossenen Abkommens im Weg: Die Beilegung des seit 27 Jahren währenden Streits um Mazedoniens Landesnamen scheint angesichts der sehr schwachen Beteiligung an dem Referendum erneut eher ungewiss.
Griechenland hat bisher den Weg Mazedoniens in EU und Nato blockiert. Denn Athen will den Namen Mazedonien für den Balkanstaat nicht akzeptieren. Als Kompromissvorschlag für das Referendum lag nun der Name Republik Nordmazedonien vor.
Regierung braucht Zweidrittelmehrheit
Nicht nur der stille Wahlboykott der oppositionellen VMRO-DPMNE, sondern auch das durch tote oder längst ausgewanderte Bürger aufgeblähte Wahlregister hatte der Regierung zu schaffen gemacht. Obwohl die Bevölkerung des von Emigration hart getroffenen Landes auf nur noch 1,5 Millionen Menschen geschätzt wird, zählt das Wahlregister 1,8 Millionen Wahlberechtigte.
Je höher die Beteiligung an dem Referendum, desto größer sei die Chance auf die Umsetzung des Namensdeals – selbst bei einem Verfehlen des Quorums, war vorab die Erwartung der Analysten. Denn die zur Umbenennung des Landesnamens nötige Verfassungsänderung muss von Mazedoniens Parlament mit einer Zweidrittelmehrheit abgesegnet werden. Und danach muss das Abkommen auch noch von Griechenlands Parlament ratifiziert werden.
Kampf um Stimmen im Parlament
Die entsprechenden Mehrheiten scheinen möglich, sind aber weder in Skopje und Athen garantiert. Mazedoniens Regierung kann bislang auf 71 Befürworter in dem 120 Abgeordneten zählenden Parlament bauen. Zu der benötigten Zweidrittelmehrheit von 80 Stimmen fehlen ihr noch neun Stimmen aus dem Lager der Opposition. Zwar scheint es keineswegs ausgeschlossen, dass sich die Regierung mit Hilfe von VMRO-Dissidenten die erforderliche Mehrheit verschafft. Doch die schwache Beteiligung an dem Referendum erhöht keineswegs dessen Glaubwürdigkeit – und dürfte nicht nur den Gegnern des Abkommens in Mazedonien, sondern auch in Griechenland neuen Auftrieb geben.
Sollte die Absegnung des Namensdeals scheitern, könnten Mazedonien nicht nur vorzeitige Neuwahlen drohen: Die von Skopje erhoffte Annäherung an die EU und der baldige Beitritt zur Nato dürften in weite Ferne rücken. Auch die relativ günstige politische Konstellation mit zwei sozialdemokratisch geführten Regierungen in beiden Staaten würden in diesem Fall unter Druck geraten: Sollten in Athen und Skopje wieder nationalistischere Kräfte das Ruder übernehmen, könnte sich die Einigung im leidigen Namensstreit erneut auf den Sankt Nimmerleinstag verschieben.