Indonesien: „Lage auf Sulawesi ist ein Alptraum“

In Poboya nahe der zerstörten indonesischen Stadt Palu wurde ein Massengrab für 1300 Menschen ausgehoben. Dort sollen Opfer der Tsunamikatastrophe beigesetzt werden.
In Poboya nahe der zerstörten indonesischen Stadt Palu wurde ein Massengrab für 1300 Menschen ausgehoben. Dort sollen Opfer der Tsunamikatastrophe beigesetzt werden. (c) APA/AFP/JEWEL SAMAD
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Noch immer konnten Einsatzkräfte nach der Beben- und Tsunamikatastrophe auf der Insel Sulawesi nicht alle betroffenen Gebiete erreichen. Die Hilfe läuft nur schleppend an.

Palu/Jakarta/Wien. Die Verzweiflung wächst: Seit mittlerweile fünf Tagen warten die Überlebenden der schweren Erdbeben- und Tsunamikatastrophe auf der indonesischen Insel Sulawesi auf Hilfe. Trinkwasser und Nahrung sind knapp und kommen nur sehr schleppend in den betroffenen Gebieten im Norden der Insel an, berichten Überlebende.

In der Provinzhauptstadt der Insel, Palu, haben zwar einige wenige Geschäfte geöffnet, doch immer wieder kommt es zu Plünderungen. Uniformierte sollen verhindern, dass geschlossene Geschäfte gestürmt werden. Am Dienstag wurden vor einem Einkaufszentrum Warnschüsse abgefeuert und sogar Tränengas eingesetzt. Später ließ die Polizei die Menschen doch in das Geschäft. „Was sollen wir dagegen tun? Die Leute sind so verzweifelt“, erzählt ein Polizist der Zeitung „Jakarta Post“. Mindestens 20 Polizisten waren vor Ort, griffen jedoch nicht ein. Die Regierung versucht, Ängste vor Plünderungen herunterzuspielen und erklärt, Katastrophenopfer dürften sich wichtige Dinge nehmen. Die Unternehmer würden später entschädigt.

Präsident Joko Widodo wies sein Kabinett an, sich zuerst um Evakuierungen zu kümmern und nach Überlebenden zu suchen. Gleichzeitig ließ er mehr Polizisten und Soldaten in das Katastrophengebiet schicken, in dem insgesamt etwa 1,4 Millionen Menschen leben. Hilfe soll per Lkw, Schiff und aus der Luft kommen.

Kaum Trinkwasser

Doch auf den Straßen der zerstörten Stadt war davon zunächst nur wenig zu spüren. Die Brücke über den Fluss Palu, einst Wahrzeichen der Provinzhauptstadt liegt in Trümmern, von der großen Moschee mit dem markanten grünen Dach ist nur mehr ein Trümmerhaufen übrig. Die Stromversorgung war noch immer unterbrochen. Lkw mit Hilfsgütern dringen nur langsam in die Katastrophengebiete vor. Immer wieder kommt es vor, dass Menschen, die seit Tagen kaum Trinkwasser und nichts zu essen hatten, die Lastwagen an der Weiterfahrt hindern und plündern. Wer kann, will das zerstörte Palu verlassen. Immer mehr Menschen versammeln sich am Flughafen und versuchen, einen Flug in den Süden Sulawesis zu bekommen. Eine aufgebrachte Menschenmenge blockierte am Dienstag die Start- und Landebahn.

Das Internationale Rote Kreuz verglich die Lage auf der Insel Sulawesi am Dienstag mit einem Alptraum. Sorge bereitete den Helfern zunehmend die 300.000-Einwohner-Region Donggala nördlich von Palu, die am nächsten zum Epizentrum des Erdbebens der Stärke 7,4 vom Freitag liegt. Auch Tage nach dem Unglück ist der Bezirk immer noch weitgehend von der Außenwelt abgeschnitten. Vereinzelte Berichte deuteten daraufhin, dass dort die Zerstörung extrem stark sein dürfte. Offiziell ist nun von insgesamt mehr als 1300 Toten die Rede. Vizepräsident Jusuf Kalla sprach bereits am Sonntag von möglicherweise mehreren Tausend Todesopfern. Dem starken Beben war am Freitag ein Tsunami gefolgt, der in drei Wellen – die letzte davon sechs Meter hoch – auf die Küstenregion traf.

Eine Mio. Soforthilfe aus Wien

Auch die internationale Hilfe ist nun im Anrollen: Die österreichische Bundesregierung stellt als Soforthilfe eine Millionen Euro aus dem Auslandskatastrophenfonds zur Verfügung. Auch andere Länder haben ihre Unterstützung zugesagt. (zoe/ag)

Spenden

Caritas, „Tsunami Indonesien“, IBAN AT23 2011 1000 0123 4560

Care Österreich, „Tsunami Indonesien“, IBAN AT77 6000 0000 0123 6000

Diakonie Katastrophenhilfe, „Tsunami Indonesien“, IBAN AT85 2011 1287 1196 6333

World Vision Österreich, „Erdbeben Indonesien“, IBAN AT22 2011 1800 8008 1800

SOS-Kinderdorf, „Indonesien“, AT62 1600 0001 0117 3240

("Die Presse", Print-Ausgabe, 03.10.2018)

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