Hartinger-Klein: "Notstandshilfe bleibt als Versicherungsleistung"

Sozialministerin Beate Hartinger-Klein (FPÖ)
Sozialministerin Beate Hartinger-Klein (FPÖ)(c) Parlamentsdirektion/Thomas Jantzen
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Die Sozialministerin versucht zu beruhigen: Die Notstandshilfe werde nicht abgeschafft. An der SPÖ und deren Spiel mit den "Nöten der Bevölkerung" übt Hartinger-Klein Kritik. Die ÖVP hält sich zum Thema Notstandshilfe bedeckt.

Sozialministerin Beate Hartinger-Klein (FPÖ) rückt aus, um die Notstandshilfe zu verteidigen. Konkret teilte sie am Montag mit, dass diese Maßnahme nicht nicht komplett abgeschafft wird: "Die FPÖ und ich garantieren, dass die Notstandshilfe als Versicherungsleistung bleiben wird", sagte Hartinger-Klein. Seitens der ÖVP wollte man sich inhaltlich nicht äußern und verwies auf die laufenden Verhandlungen zur Reform des Arbeitslosengeldes.

Erst in der Vorwache hatte sich Vizekanzler Heinz-Christian Strache zu der Notstandhilfe geäußert und betont: "Es wird bei Arbeitslosen oder Notstandsbeziehern keinen Zugriff auf das Auto, das Vermögen, das Eigenheim geben. Wer arbeiten will, aber keinen Job bekommt, oder wer lange gearbeitet hat, aber aus Gesundheitsgründen nicht mehr arbeiten kann, den lassen wir nicht im Stich. Wir sind Garant für Fairness und Gerechtigkeit. Es wird kein Hartz IV geben."

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Am Wochenende wurde schließlich bekannt, dass das Sozialministerium beim Wirtschaftsforschungsinstitut eine Studie in Auftrag gegeben hat, die die Auswirkungen einer Reform der Notstandshilfe zum Thema hat. Das Wifo bestätigte die Existenz der Studie, wies aber darauf hin, dass noch kein Endergebnis vorliegt. In der Studie würden mehrere Szenarien analysiert, um die Wirkungsweisen unterschiedlicher Varianten zu prüfen. Die Abschaffung der Notstandshilfe sei "keine durchgängige Vorgabe des Auftraggebers" gewesen, hieß es seitens des Wifo.

Ministerin kritisiert Medien und Opposition, ÖVP schweigt

Hartinger-Klein wehrte sich am Montag gegen die Darstellung in manchen Medien, die Notstandshilfe werde abgeschafft: "Wie das Wifo gestern schon klargestellt hat, gibt es noch keine fertige Studie zur Notstandshilfe. Ich finde es mehr als befremdlich, dass SPÖ mit den Nöten der Bevölkerung spielt und hier eine ganz gezielte Verunsicherung betreibt", sprach sie auch die Kritik der Opposition an. Keinen inhaltlichen Kommentar gab es zu der Thematik vorerst seitens der ÖVP. In der Partei wie auch im Parlamentsklub verwies man lediglich auf die laufenden Verhandlungen mit der FPÖ zur Reform des Arbeitslosengeldes. Basis dafür bilde das Regierungsprogramm, so ein Sprecher.

Im Regierungsprogramm der türkis-blauen Koalition ist im Kapitel "Arbeit" eine "Harmonisierung, Neuausrichtung und Weiterentwicklung von Arbeitslosengeld, Notstandshilfe und Bedarfsorientierter Mindestsicherung" vorgesehen. Dazu soll ein "Arbeitslosengeld NEU" geschaffen werden, mit einer "degressiven Gestaltung der Leistungshöhe mit klarem zeitlichen Verlauf und Integration der Notstandshilfe". Das heißt, je länger man das Arbeitslosengeld bezieht, umso niedriger wird es. Die Notstandshilfe soll in diesem neuen Arbeitslosengeld aufgehen - was wohl deren Abschaffung bedeuten würde.

Hartinger-Klein hatte bei diesem Thema von Anfang an Bedenken. Schon im Jänner dieses Jahres erklärte sie, dass Langzeitarbeitslose nicht in die Mindestsicherung fallen werden. "Das deutsche Hartz IV-Modell wird es mit mir als Sozialministerin nicht geben", sagte sie am 3. Jänner. Nur zwei Tage später ruderte die Ressortchefin dann nach einer Zurechtweisung von Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) zurück: "Das 'Arbeitslosengeld neu' soll die Notstandshilfe ablösen. Was wir noch finden müssen, ist eine Lösung, ob es sich um Arbeitslosen- oder Mindestsicherungsgeld handelt", sagte sie damals.

Und genau um diese Frage dreht sich die aktuellen Diskussion: Denn würden Langzeitarbeitslose aus der Notstandshilfe herausfallen, bleibe ihnen nur mehr der Antrag der Mindestsicherung. In diesem Fall wird auf das Vermögen zugegriffen. Die FPÖ wehrt sich seit Tagen gegen diesen Eindruck, in der ÖVP gibt man sich zu diesem Thema äußerst zugeknüpft. ÖVP-Klubobmann August Wöginger wollte allerdings - etwa in einem Gespräch mit den "Oberösterreichischen Nachrichten" vom Jänner dieses Jahres - nicht ausschließen, dass es zu einem Vermögenszugriff kommen könnte.

SPÖ kritisiert Garantie als "wenig glaubhaft"

Die SPÖ hält die "Garantie" von Hartinger-Klein, wonach die Notstandshilfe als Versicherungsleistung erhalten bleibt, für "wenig glaubhaft". Bundesgeschäftsführer Thomas Drozda verwies am Montag auf das Regierungsprogramm, dort sei ausdrücklich festgehalten, dass die Notstandhilfe abgeschafft wird. Er fordert nun eine Stellungnahme der Regierungskoordinatoren von ÖVP und FPÖ. "Ich würde es mir im Sinne der Menschen und des sozialen Zusammenhalts wünschen, wenn es stimmen würde, dass es zu keinen Enteignungen kommt", sagte Drozda.

Notstandhilfe

Die derzeitige Regelung sieht vor, dass jemand, der arbeitslos wird, rund ein Jahr lang (je nach vorgehender Beschäftigungsdauer variierend) Arbeitslosengeld erhält, die Höhe beträgt 55 Prozent der Nettoersatzrate. Danach bezieht man unbefristet die Notstandshilfe (grundsätzlich 92 Prozent des jeweiligen Arbeitslosengeld-Grundbetrages). Hat jemand keine Ansprüche aus der Arbeitslosenversicherung erworben, kann er Mindestsicherung beantragen. Allerdings ist hier ein Zugriff auf das Vermögen des Betroffenen vorgesehen - ausgenommen davon sind nur Wohnung und Auto (wenn ein beruflicher Bedarf gegeben ist) sowie ein Vermögen von rund 4200 Euro.

(APA/Red.)

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